Veröffentlicht am

Katze, Hund und Lifescience Startup

Bis vor wenigen Monaten lebte in meinem Haushalt eine dreifarbige hochbetagte Katze. Ihre Seniorinnenjahre verbrachte sie vorwiegend in der Wohnung, mit viel Gesellschaft Dank Homeoffice und Pandemie. Sie war ein wertvolles Familienmitglied, das viel Fürsorge und Liebe bekam – und auch einforderte. Nicht zuletzt aus der Kund:innenperspektive als Tierhalterin war es mir immer ein persönliches und emotionales Anliegen, es dem Tier so schön wie möglich zu machen. Durch Diana und Julia vom 2019 gegründeten Dresdner Startup purapep hatte ich die Möglichkeit auf kurzem Wege zu einem Nahrungsergänzungsmittel für Hunde und Katzen auf Basis von Molkenpeptiden zu gelangen, das speziell für ältere Vierbeiner entwickelt wurde. Auch meine Kollegin Iris im LifeTechLab hat einen tierischen Mitbewohner, der schon manchmal kurze Audiobeiträge in der Videokonferenz gegeben hat, wenn der Postbote klingelt. So gab es für uns beide beim Founder´s Corner mit purapep nicht nur die Business- sondern auch die User-Perspektive zu erleben. Natürlich konnten auch einige der LifeTechLab- Teilnehmenden von Haustieren in ihrem Umfeld berichten und zusätzlich wertvollen Input für ihr Gründungsvorhaben erhalten.

zwei Gründerinnen von purapep
Die Gründer:innen hinter purapep: Julia Degen und Diana Hagemann (v.l.): Foto: David Pinzer)

Founder´s Corner im LifeTechLab

In jeder Runde des LifeTechLab, dem Inkubationsprogramm für Lebenswissenschaftliche Ideen, findet mit dem Founder´s Corner eine Austauschrunde mit dem Input erfahrener Gründer:innen aus verwandten Branchen statt. So auch in dieser Runde. In einem gemütlichen Onlineformat am Abend treffen sich die aktuellen Teilnehmer:innen, um der Gründungsstory eines etablierten Startups aus unseren Reihen zu lauschen. Dr. Julia Degen und Dr. Diana Hagemann waren als Gründer:innen der Peptrition GmbH mit der Produktmarke „purapep“ zu Gast. Als ehemalige TU-Wissenschaftlerinnen aus der Lebensmittelchemie haben sie ihre Forschungsergebnisse in die Anwendung gebracht und bestehen seit nunmehr drei Jahren am Heimtiermarkt. In ihrem Input erzählten sie uns vom Abenteuer purapep und teilten wertvolle Erfahrungen und Erkenntnisse mit den Teilnehmenden des LifeTechLab.

Das Abenteuer purapep

Besonders wertvoll war die offene und realistische Darstellung der Gründerinnen ihres mitunter harten Weges aus der Wissenschaft in die Wirtschaft. Es gab einige Herausforderungen, die Julia und Diana gemeinsam meistern konnten und bei denen wir sie als Berater:innen von dresden|exists jederzeit leidenschaftlich unterstützen konnten. Einige Beispiele haben wir als Impressionen hier zusammengefasst:

Teamfindung

purapep hat eine aufregende Teamgeschichte zu erzählen, wobei Julia und Diana als Gründer:innen von Beginn an zusammengearbeitet haben und sich als kompetentes Duo erwiesen haben. Das ursprüngliches Gründungteam ging auseinander, weil es ganz unterschiedliche Visionen von purapep gab. Julia und Diana sehen purapep als smartes und unabhängiges Unternehmen Das war eine schwierige Phase für beide. Mittlerweile gibt es im Kernteam von purapep 4 Personen, sodass die Gründerinnen vor allem in Marketing- und Kommunikationsaufgaben entlastet werden.

Gründungszeitpunkt

Die Gründerinnen haben die Erfahrung gemacht, dass ein früher Gründungszeitpunkt für sie ideal war, auch wenn sie sich gern mehr Zeit gelassen hätten. Ein wesentlicher Vorteil der frühen Gründung war für sie der Umstand, dass sich das persönliche Mindset hin zum unternehmerischen Denken ändern konnte. Erst mit Gründung fühlt und denkt man auch als Unternehmer:in, und nicht nur als Wissenschaftler:in. Deshalb lautete ihre Empfehlung auch: Sucht euch als junges Startup ein eigenes Büro oder einen Ort, wo ihr gemeinsam an eurem Startup arbeiten könnt. Am besten außerhalb der Uni, denn so fällt es leichter, damit aufzuhören, die immer gleichen Aufgaben wie bisher, nämlich wissenschaftliche, zu übernehmen. Es ist wichtig unternehmerisch aktiv zu werden und zu denken.

Einwerben von Funding – EXIST Forschungstransfer

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Phase I des EXIST Forschungstransfer warben die beiden die erweiterte Förderung mit der EXIST Forschungstransfer Phase II ein, bei der eine Eigenbeteiligung im Verhältnis von 1:3 zur Verfügung gestellt werden muss. Über das Netzwerk von dresden|exists lernten die beiden Gründerinnen 2021 eine Business Angel kennen, mit der sie von Beginn an eine positive Beziehung etablieren konnten. Die gegenseitige Sympathie und zueinander passende geschäftliche Interessen führten schnell und unkompliziert zu einer Beteiligung an der Peptrition GmbH.

Marketing und Kund:innenfeedback

Zu den wesentlichen Fähigkeiten von Wissenschaftler:innen gehören nur selten stark ausgeprägte Skills im Vertrieb. So muss einem klar sein, dass im Unternehmen nicht nur Aufgaben anstehen, die einem liegen oder die man gut kann, sondern ein Großteil viel (Weiter-)Entwicklungsarbeit ist, bei der man seine eigene Komfortzone verlassen muss.. Als Wissenschaftlerinnen beschäftigen sich Julia und Diana natürlich am liebsten mit Produktentwicklungen, aber das allein reicht nicht aus für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung. Für die Kund:innen ist für den Kauf nicht nur der wissenschaftliche Hintergrund des Produkts ausschlaggebend, sondern dass das Produkt ihre Haustiere unterstützt, ihnen guttut und ihnen schmeckt.

Für Wissenschaftler:innen ist es oft neu und ungewohnt, mit Kund:innen aktiv ins Gespräch zu kommen. Gerade die Heimtierhaltung ist aber ein emotionales und persönliches Thema, wo viel Empathie und das Arbeiten mit Bildern und Beispielen gefragt ist (#katzenvideos). Die Gründerinnen erzählten uns vom Herantasten an die knuddelig-fellige Bildsprache am Markt, die sie als Naturwissenschaftlerinnen erst erlernen mussten Bei den erforderlichen Kommunikationsskills handelt es sich nicht nur um die zielgerichtete Ansprache, sondern auch um genaues Zuhören und Lesen der Bedürfnisse von Heimtierhalter:innen. Als besonders wertvoll haben die Gründerinnen das Kundenfeedback eingeschätzt. Nicht nur drauf zu hören, sondern auch, es aktiv einzufordern ist notwendig, denn oftmals geben Kund:innen ungefragt nichts darüber preis, wie sie ein Produkt einschätzen oder welche Verbesserungen sie sich wünschen würden. Über diesen Weg erfuhren sie beispielsweise, dass die Darreichungsform als Pulver nicht für alle Halter:Innen ideal ist. Der Wechsel zu Kautabletten als Darreichungsform führte zu einem deutlich verbesserten Produkt, an dem kontinuierlich weitergearbeitet wird. Übrigens wird ein großer Teil der Käufer:innen von purapep über auch Social Media erreicht. Inzwischen liefert das Stichwort „Molke Hund“purapep als erstes Ergebnis.

Wissenschaftlerinnen im Businessumfeld, Familie und Startup

Dem Startup kommt oft zugute, dass sie ein Team aus Frauen sind: denn um die 80% der Käufer:innen von purapep Produkten sind ebenfalls weiblich, so werden auch die Tierarztpraxen überwiegend von Frauen geführt. Allerdings kamen auch sie häufig mit Geschlechterklischees in Berührung: als female entrepreneurs in Männerrunden nicht ernst genommen zu werden ist nur eines davon. Dass sie kein „High-Tech“-Unternehmen sind, sondern auch Geschichten und Bilder von Vierbeinern zeigen, hat ihnen viel Sympathie, aber nicht immer die angemessene Augenhöhe von Gesprächspartnern eingebracht. Allerdings haben sie auch während der Gründung Kindererziehung und Familienleben mit dem Startupleben gut in Einklang bringen können.

Mittlerweile hat purapep sieben Produkte entwickelt und ist am Markt angekommen. Die gestandenen Gründerinnen haben ihre Rollen als Unternehmer:innen und Wissenschafter:innen im Startup gefunden. So freuen wir uns besonders, auf die Gründerinnen als Input- und Feedbackgeberinnen im Pool der dresden|exists-Alumni zurückkommen zu können. Für angehende Gründungsprojekte können sie eine Menge an wertvollen Tipps und Hinweisen preisgeben. Danke an purapep für den Input und die kontinuierliche und schöne/wertvolle Zusammenarbeit mit dresden|exists!

↑ Nach oben