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Gründerportrait #89: klareau – im Dienste der Umwelt

Pro Jahr werden in Deutschland rund 9,4 Milliarden Kubikmeter Abwasser aus Privathaushalten, Industrie, Landwirtschaft und Gewerbe in Kläranlagen behandelt. Innovative Technologien können hierbei einen wertvollen Beitrag zum Umweltschutz und Ressourcenschonung leisten. André Spindler, Hilke Zündorf, Alexander Walther und Sebastian Habel vom Team klareau haben sich genau das zum Ziel gesetzt. Mit ihrer spezialisierten Messtechnik wollen sie Kläranlagen optimieren und deren Energieverbrauch verbessern. Nach zwei Jahren in der HTW Gründungsschmiede und der Gründung im April 2021 geht das Team nun den nächsten Schritt. Das nehmen wir zum Anlass, einmal genauer zu schauen, was es mit ‚sauberem Wasser‘ auf sich hat und welche Angebote die selbsternannten ‚Umweltdienstleister‘ auf ihrem Weg unterstützt haben.

Das Team von klareau beim Aufbau ihrer mobilen Versuchsanlage (v.l.n.r.): Hilke Zündorf, André Spindler, Alexander Walther, Sebastian Habel (Foto: klareau)

Worum geht es bei eurer Geschäftsidee?

Wir entwickeln Messtechnik, mit der wir verschiedene Leistungskenngrößen von Kläranlagen erfassen. Dazu gehört die Messung der Effizienz des Sauerstoffeintrags oder die Bestimmung des Absetzverhaltens des Belebtschlammes im Nachklärbecken. Diese Messungen bieten wir als Dienstleistung an. 

Ziel der Untersuchungen ist es, den Reinigungsprozess der Anlagen zu optimieren bzw. den Energieverbrauch zu reduzieren. Kläranlagen gehören zu den größten kommunalen Energieverbrauchern. Vor allem die Belüftung benötigt sehr viel Strom, damit die zahlreichen Mikroorganismen des Belebtschlammes das Abwasser optimal reinigen. Mit sehr spezifisch (weiter-) entwickelter Technik zur Messung des Sauerstoffeintrags erfassen wir die Leistungsfähigkeit der Belüftungseinrichtungen und decken Optimierungspotenzial auf.

Wie entstand die Idee und wann habt ihr entschieden, sie auch umzusetzen?

Die Idee, spezielle Messtechnik für Kläranlagen zu entwickeln, ist langsam gereift und gründet auf Wissen und Erfahrungen, die André Spindler, Initiator des Gründungsvorhabens, erst im Studium der Wasserwirtschaft an der TU Dresden, später am Institut für Wassergüte der TU Wien und bei einem innovativen Unternehmen der Wasserwirtschaft gesammelt hat. Vor allem die praktische Arbeit hat gezeigt, dass beim Schlammmanagement sowie der Belüftungseffizienz nach wie vor Innovationsbedarf besteht. 

Entscheidend für den Schritt in die Selbständigkeit war, dass unsere Idee genügend Marktpotenzial hat. Aber auch der Wunsch, die eigenen Vorstellungen von Arbeitskultur umsetzen zu können, hat uns angetrieben. Die erste Bewilligung von Fördermitteln war eine wichtige Stütze, um mit unserem Gründungsprojekt durchstarten zu können. Hier hat uns die Gründungsschmiede der HTW bei der Bewerbung um das EXIST Gründerstipendium unterstützt. Verschiedene Mentor:innen, sowohl vor Ort in der Schmiede und aus dem dresdenIexists Verbund haben uns durch den Gründungsprozess gecoacht.

Was waren die drei größten Herausforderungen auf dem Weg in die Selbständigkeit und wie habt ihr sie bewältigt?

1. Ein gutes Team aufstellen: In unserem technischen Fach brauchen wir neben Know-How in den Bereichen Softwareentwicklung, Konstruktion und Automatisierung natürlich abwasserspezifisches Fachwissen und kaufmännische Erfahrung. Die vier Gründer:innen decken diese Bereiche mit ihren sehr unterschiedlichen Lebensläufen perfekt ab. Zum klareau-Team gehören André Spindler (Dr. Dipl.-Ing.), Hilke Zündorf (Diplom-Hydrologin), Alexander Walther (Masterstudent der Informatik) und Betriebswirt Sebastian Habel.

2. Vielfältige Aufgaben parallel bewältigen: Aktuell steht die Abnahme unserer neuen Website an, der erste Monatsabschluss mit dem Steuerberater muss vorbereitet werden und das neue Büro ist vorzurichten. Die zur Messtechnik gehörige Hardware muss montiert und getestet werden, es werden Angebote geschrieben und die Auftragsabwicklung vorbereitet und wir entwickeln Software für die Messungen und gleichzeitig auch unser Projektmanagement weiter. 

3. Marktpotenzial erfassen: Es war nicht so leicht einzuschätzen, ob der Markt für unsere Dienstleistung ausreichend groß ist. Jetzt haben wir aber ein gutes Gefühl. Unsere Akquisemaßnahmen finden guten Anklang und wir hoffen, dass wir bald bekannt genug sind, um gesucht zu werden anstatt zu suchen :-)

Mit der Versuchsanlage kann das Team spezielle Sauerstoffeintragsversuche unter realen Druckbedingungen bei einer Beckentiefe von bis zu sechs Metern simulieren. Die Anlage entstand in wesentlichen Teilen durch die Unterstützung der HTW-Werkstätten. (Foto: klareau)

Was macht euch besonders stolz und was waren bisher eure größten Erfolge?

Uns ist wichtig, im Dienste der Umwelt zu handeln. Wir haben eine Lösung im Bereich der Abwasserwirtschaft entwickelt, mit der wir die Verbindung von menschlicher Infrastruktur und unserer natürlichen Umwelt besser schützen. Wir verstehen uns in erster Linie als Umweltdienstleister.

Welche Unterstützung hat euch in der Gründungsphase geholfen?

Wir nutzen die Infrastruktur der Gründungsschmiede der HTW samt Labor zur Entwicklung der technischen Geräte. Die verschiedenen Werkstätten an der HTW haben uns bei der Konstruktion von Versuchsanlagen und Prototypen unterstützt. Manche Dinge lassen sich einfach nicht ohne Spezialwerkzeug und entsprechende Erfahrung bauen. Außerdem haben wir uns von Anfang an erfahrene Mentoren gesucht, die unsere Arbeit in den verschiedenen Bereichen (Softwareentwicklung, Kontakte in die Branche etc.) begleiten. Erfahrene Berater von dresdenIexists haben unseren Gründungsprozess begleitet und uns zu Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten beraten. 

Ihr habt euch erfolgreich um das Technologiegründerstipendium beworben. Was musstet ihr dafür tun? Und was beutet diese Förderung für euch?

Grundlage der Förderung war ein belastbarer Businessplan. Bei uns ist dieser im Jahr der EXIST-Förderung entstanden, was definitiv ein Vorteil war. Kontakte in die Branche und LOIs (Letter of Intent) potentieller Kunden waren ebenfalls hilfreich.

Durch das Stipendium, das jedes Teammitglied nun ein Jahr lang bezieht, sind wir in der heutigen Anfangsphase unseres Unternehmens nicht sofort auf Einnahmen angewiesen und benötigen keine Investoren. Das Geld, das klareau in diesem Jahr erwirtschaftet, bildet die Basis für seine dauerhafte Existenz. So können wir auch mal drei Monate ohne Auftrag überbrücken, was im Winter durchaus vorkommen kann.

Die sechs Meter hohe Säule lässt sich auf eine transportable Größe zerlegen, d.h. die gesamte Messausrüstung ist mobil und damit in überall in Deutschland einsetzbar. (Foto: klareau)

Welche Faktoren sind aus eurer Sicht für den Erfolg einer Existenzgründung wichtig?

Man muss eine klare Vorstellung davon haben, wo man hinwill und den Erfolg visualisieren können. Dann hat das Ganze eine Chance. Dazu kommt natürlich auch das Handwerkszeugs wie ein Business Plan, der wichtige Fragen beantwortet wie ‚Was brauchen wir?‘ und ‚Wie ist unser Fahrplan?‘. Und dann braucht man natürlich auch Zeit und die nötigen finanziellen Mittel.

Wo seht ihr euer Unternehmen in fünf Jahren?

In fünf Jahren soll der Name klareau als Synonym für Sauerstoffeintragsmessungen und andere spezifische Messungen auf Kläranlagen stehen. Wir möchten den technischen Standard für die Qualität bei der Durchführung dieser Messungen definieren.

Wie sieht bei euch ein typischer Tagesablauf aus?

Das lässt sich für alle vier im Team schlecht verallgemeinern. Wir haben recht klar definierte Aufgabenfelder, so dass hier jeder seinen Part übernimmt. Im Moment gibt der Countdown zum ersten Auftrag den Takt vor, denn der ist gleich mal in Serbien. André und Hilke sind für die Endmontage der Messausrüstung verantwortlich und klären die Zollangelegenheiten. Alexander führt die Abschlusstests mit der Ausrüstung und der zugehörigen Software durch und Sebastian kümmert sich um das Controlling und die Finanzplanung.

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