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Grün­der­por­trait #86: Sub­urban Seafood – Make Shrimps great again

Vater werden ist nicht schwer? Nun ja, das dürften die drei Gründer der Sub­urban Seafood GmbH ein wenig anders sehen. Das Team widmet sich im sor­bi­schen Nebel­schütz der nach­hal­tigen und art­ge­rechten Ver­mehrung und Auf­zucht der Weiß­bein­garnele, besser bekannt als Shrimp. Mit Friedrich Tietze (Inge­nieur für Was­ser­wirt­schaft), Felix Kirsten (Bio­tech­nologe) und Roman Schwarz (Wirt­schafts­in­ge­nieur) hat sich in einer ehe­ma­ligen Schwei­ne­mast­anlage ein hoch­mo­ti­viertes, inter­dis­zi­pli­näres Team gefunden, das sich einem Geschäfts­modell rund um des Deut­schen zweit­liebste Mee­res­frucht ver­schrieben hat.  Um zu erfahren, wie das pas­sieren konnte, lest ihr am besten direkt weiter.

Gründer Suburban Seafood vor ehemaligen Schweinestall
Die Gründer von Sub­urban Seafood (v.l.): Friedrich Tietze, Roman Schwarz und Felix Kirsten (Foto: Tobias Ritz)

Worum geht es bei eurer Geschäftsidee?

Die Sub­urban Seafood GmbH bietet Pro­dukte und Ser­vices rund um das Thema Weiß­bein­gar­nelen an. Pro­dukte, wenn man das so sagen möchte, sind die Gar­ne­len­larven, die soge­nannte Besatz­tiere, die wir an Gar­ne­len­farmen in Europa liefern. Hier haben wir zwei Bau­stellen. Einer­seits mussten wir die Eltern­tiere dazu bringen, sich zu paaren. Das wird in den Regionen der USA und Asien, in denen die Besatz­tiere bisher gezüchtet werden, nur unter größten Stra­pazen für die Tiere erwirkt. Dies ist ins mitt­ler­weile gelungen und die Eltern­tiere paaren sich regel­mäßig. Außerdem arbeiten wir an der Ver­bes­serung der Sur­vi­valrate, die z.B. auch durch den Stress auf langen Trans­porten, beein­flusst wird.

Unsere Ser­vices für die marine Aqua­kultur bieten wir unseren Kunden direkt vor Ort an. Wir liefern die Larven oft per­sönlich und helfen dann in den Auf­zucht­sta­tionen konkret dabei, die Umgebung zu opti­mieren, damit aus den Larven bald gesunde und kräftige Gar­nelen werden. Wir haben es uns auf die Fahne geschrieben, den Tieren sehr gute Bedin­gungen zu schaffen und die Nach­zucht auch außerhalb der USA oder Asien art­ge­recht über­haupt möglich zu machen.

ehemaliger Schweinestall innen
Vorher: Es braucht Vor­stel­lungs­kraft um im ehe­ma­ligen Schwei­ne­stall die heutige Gar­ne­len­zucht zu sehen. (Foto: Tobias Ritz)

Wie ent­stand die Idee und wann habt ihr ent­schieden, sie auch umzusetzen?

Fried­richs Herz schlägt schon lange für die Garnele. In der Bin­nen­mee­res­fisch­zucht im saar­län­di­schen Völk­lingen, wo er 2013 seine Diplom­arbeit schrieb, zog er im Rahmen einer Stu­di­en­arbeit einen Batch an Gar­nelen groß. In diesem Zusam­menhang kostete Friedrich erstmals „never frozen“ Gar­nelen und war begeistert. Er ent­wi­ckelte ein System, in dem – nahezu “cradle to cradle” – der Kreislauf des Lebens der Garnele abge­bildet wurde. Das, was das Tier zu sich nimmt, kommt ja auch post­wendend wieder raus. Ein Bio­filter sorgt für die Auf­be­reitung des Wassers und so kann grund­sätzlich alles in diesem Mikro­kosmos ver­bleiben. Die Idee, dieses Projekt in einem EXIST Grün­der­sti­pendium wei­ter­zu­spinnen, kam dann einige Jahre später. Das Team fand sich 2017 in seiner jet­zigen Kon­stel­lation, bestehend aus Friedrich, Roman und Felix, zusammen und könnte opti­maler kaum besetzt sein. Unsere Kom­pe­tenzen ergänzen sich perfekt. Dass dann tat­sächlich die Zusage zum Grün­der­sti­pendium kam, konnten wir dennoch kaum glauben. Im März 2018 ging es dann so richtig los und wir star­teten durch.

Was waren die drei größten Her­aus­for­de­rungen auf dem Weg in die Selbst­stän­digkeit und wie habt ihr sie bewältigt?

Zunächst war die Grund­satz­ent­scheidung: „Gründen oder nicht gründen?“ in unserem Team eine ganz ent­schei­dende Frage. Ich [Roman] war zum Bei­spiel war als Grün­dungs- und Unter­neh­mens­be­rater selb­ständig und hatte gerade eine Familie gegründet. Team und Idee begeis­terten mich aber so sehr, dass ich mich ent­schloss, ein­zu­steigen und am Antrag für das EXIST Grün­der­sti­pendium mit­schrieb. Meine Familie steht bis heute hinter mir und unter­stützt mich, wo sie kann.

Dann war von Anfang an der Druck der Anschluss­fi­nan­zierung da. 30.000 € Sach­mittel aus dem erfolg­reich ein­ge­wor­benen EXIST Grün­der­sti­pendium waren wirklich toll und sehr hilf­reich. Im Prinzip stellten sie aber für uns den Start­schuss für die Suche nach einem Investor dar, da sie für das erklärte Ziel des Antrags bei Weitem nicht aus­reichten. Bereits bevor das Projekt anlief, tin­gelten wir über die natio­nalen und inter­na­tio­nalen Pitch­bühnen. Zunächst ohne Erfolg. Im März 2018 startete unsere EXIST-För­derung. Im April 2018 standen wir beim Inves­to­rentag von dresden|exists und SAXEED auf der Bühne und fanden unseren Investor! Bereits im Sep­tember stand die erste Finan­zie­rungs­runde und die Gar­nelen durften schwimmen.

Tja, und als dritte Her­aus­for­derung würden wir unsere sehr spe­zi­ellen Bedin­gungen beim Markt­ein­tritt bezeichnen. Oft suchen Startups ihre Nische, ihren Markt. Den hatten wir von Anfang an klar defi­niert und auch ange­sprochen. Die Nach­frage war da. Es ist an uns, das Angebot, nämlich die Larven, mit opti­malen Bedin­gungen aus­zu­statten, damit die Mor­ta­li­tätsrate sinkt und wir Lie­fer­wünsche erfüllen können. Wir for­schen jeden Tag weiter und gewinnen weit­rei­chende Erkennt­nisse. So wissen wir heute zum Bei­spiel, dass Erfolg oder nicht Erfolg eines Batches schon viel früher, nämlich bei den Eltern­tieren, beginnt.

Was macht euch besonders stolz bzw. was waren bisher eure größten Erfolge?

Rein fachlich gesehen, sind wir stolz auf unsere Anlage, die wir wei­test­gehend mit unserer eigenen Hände Arbeit erschaffen haben. Von der Schwei­nemast zur nach­hal­tigen, art­ge­rechten Shrimp­zucht. Das ist auch rück­bli­ckend noch immer eine Haus­nummer für uns. Und auch wenn man das Schwein nicht mehr riecht, so ist es doch noch ganz nahe. Wir sind außerdem stolz, dass wir mitt­ler­weile eine absolute Regel­mä­ßigkeit der Paa­rungs­er­folge ver­zeichnen dürfen. Das schreiben wir unserer ste­tigen For­schungs­tä­tigkeit an Nähr­lö­sungen, der Umgebung und wei­teren Para­metern zu, unserer Akribie an Doku­men­tation und dem starken Willen, das große Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.

Fachlich können wir aber nur gut sein, weil wir auf unser Team setzen. Deshalb sind wir stolz, dass es uns gibt, wie es uns gibt. Jeder leistet seinen fach­lichen Beitrag. Jeden Tag und mit vollem Einsatz. Dass hier noch die glück­lichen Umstände dazu­kommen, dass wir alle so gern Dinge selbst anpacken und erschaffen, eint uns umso mehr. Jeder von uns ist jede Minute bereit, die eigene Kom­fortzone zu ver­lassen. Und das müssen wir wirklich oft. Unsere Ange­stellten stecken wir direkt mit diesem Mindset, genau dieser DANN, an.

Welche Unter­stützung hat euch in der Grün­dungs­phase geholfen?

Ganz wichtig und direkt als erstes möchten wir hier unsere Familien und Freunde erwähnen. Ohne deren Rückhalt und das Gefühl, dass es ok ist, dass wir uns auf diese Reise Startup begeben, wären wir heute nicht (mehr) hier. Ohne das große Glück des EXIST Grün­der­sti­pen­diums hätten wir nicht so schnell soweit kommen können. Der Luxus, ein Jahr lang in einem recht geschützten Raum for­schen und ent­wi­ckeln zu können, hat uns so viele Mög­lich­keiten geschaffen. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit im Zusam­menhang hat uns die TU Dresden mit dresden|exists gerade in der Antrags­phase und darüber hinaus sehr stark unter­stützt. Von Anfang an mit dabei waren die Partner von AEVUM Venture, ein Familien-Quartett, welches seit Stunde Null an uns glaubt und uns unter anderem mit Thomas Zschornack, dem Bür­ger­meister von Nebel­schütz zusam­men­ge­bracht hat. Ohne diesen wie­derum wäre eine Immo­bilie, wie wir sie jetzt im umge­bauten Schwei­ne­stall von Nebel­schütz haben, für uns unter dem Radar geblieben.

Becken zur Garnelen Nachzucht
Nachher: In großen Becken treffen sich die Elterntier zur Paarung (Foto: Sub­urban Seafood)

Welche Fak­toren sind aus eurer Sicht für den Erfolg einer Exis­tenz­gründung wichtig?

Garnele aus Nebelschütz
Garnele aus Nebel­schütz (Foto: Sub­urban Seafood)

Team, Team, Team. Es mag abge­dro­schen klingen, aber es ist so. Ohne ein hoch­mo­ti­viertes Team wird aus der span­nendsten Geschäftsidee nichts. Oder zumindest nicht das, was daraus werden könnte. Jeder sollte sich auf den anderen ver­lassen können. Fehler müssen gemacht werden dürfen. Natürlich sollten sie reflek­tiert und auf­ge­ar­beitet werden, aber sie müssen pas­sieren dürfen. Und ja, das Produkt ist sicher auch nicht ganz unwichtig (lachen).

Wo seht ihr euer Unter­nehmen in fünf Jahren?

Für uns und unseren Standort in Nebel­schütz wün­schen wir uns, dass sich hier ein leb­hafter Ent­wick­lungs­standort ent­wi­ckelt mit einem sta­bilen Netzwerk an rele­vanten Zulie­ferern und wei­teren B2B-Partnern rund um die Garnele von Sub­urban Seafood. Nebel­schütz steht für uns generell für den länd­lichen Raum und wir wün­schen uns, dass wir hier eine Modell­region schaffen, an der sich andere ausrichten.

Wir werden unser hohes Qua­li­täts­ver­sprechen halten und gesunde Larven aus nach­hal­tigem Anbau an unsere Kunden liefern. Die aktuell 800 qm an aus­ge­bauter Fläche werden wir in fünf Jahren ver­doppelt haben, dem­entspre­chend mehr pro­du­zieren. Und es wird eine eigene Sub­urban Seafood Mast­garnele für den End­kunden geben.

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