Veröffentlicht am

Die einen ins Töpfchen… Aiplab Solu­tions sor­tiert Frucht­fliegen KI-gestützt

Nor­ma­ler­weise geht es geschäftig zu im Start-up Cube Nr. 6. Dann ent­stehen am 3D-Drucker neue Bau­teile und am Pro­to­typen wird die Software getestet. Nor­ma­ler­weise, denn bedingt durch die Corona-Pan­demie sind auch die Arbeits­räume für Gründer nur begrenzt nutzbar. Markus Bad­stübner, Tim Schmittman und Sebastian Rie­chert lassen sich davon nicht auf­halten, denn Anfang nächsten Jahres wollen sie mit ihrem Gerät für die Life Science For­schung durch­starten. Bad­stübner und Schmittman arbei­teten einfach in einer spontan gegrün­deten Wohn­ge­mein­schaft an digi­talen 3D-Modellen, die den Pro­to­typen simu­lieren. „Ansonsten nutzen wir die Zeit für Markt­re­cherchen und die Bewerbung für das Grün­der­sti­pendium. Das geht auch gut von zu Hause“, sagt Rie­chert, der das Team von Aiplab Solu­tions kom­plett macht. Das EXIST Grün­der­sti­pendium ist das nächste große Ziel der drei Stu­denten, die kurz vor ihrem Abschluss stehen. Mit Hilfe der För­derung des Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­te­riums wollen sie ihre Ent­wicklung zur Markt­reife bringen. „Zephyrus“, benannt nach einem grie­chi­schen Windgott, soll Fliegen künftig auf Basis künst­licher Intel­ligenz (KI) auto­ma­tisch sortieren.

Vor dem Startup Cube: Tim Schmittmann, Sebastian Riechert und Markus Badstübner (v.l.n.r.)
Vor dem Startup Cube: Tim Schmittmann, Sebastian Rie­chert und Markus Bad­stübner (v.l.n.r.)

Dro­so­phila mela­no­gaster, gemeinhin bekannt als Frucht­fliege, ist einer der meist­ge­nutzten Modell­or­ga­nismen im Bereich der Genetik, Ent­wick­lungs­bio­logie und Medizin. Über 6.600 For­schungs­gruppen weltweit nutzen Frucht­fliegen in Expe­ri­menten, z.B. für die Auswahl von Wirk­stoff­kan­di­daten für neue Medi­ka­mente. Dafür müssen die Fliegen nach optisch erkenn­baren Merk­malen, wie Geschlecht oder Augen­farbe, sor­tiert werden, um mög­liche Ein­fluss­va­riablen zu kon­trol­lieren. Bisher wird dies per Hand von For­schern, Stu­die­renden oder Aus­hilfs­kräften unter dem Mikroskop erledigt.

Zephyrus soll diesen auf­wen­digen Prozess künftig auto­ma­ti­sieren. Über eine gra­fische Benut­zer­ober­fläche können die Wis­sen­schaftler einfach aus­wählen, nach welchem Kri­terium die Fliegen sor­tiert werden sollen. „Die Fliegen werden über Luft­ströme im Gerät trans­por­tiert. Eine Saug­vor­richtung ver­einzelt die Fliegen, ohne sie betäuben zu müssen. Anschließend werden sie mittels Makro­fo­to­grafie und KI-Algo­rithmen nach dem aus­ge­wählten Kri­terium sor­tiert und in das ent­spre­chende Aus­ga­be­gefäß geleitet“, erklärt Rie­chert die Funk­ti­ons­weise. Durch die Auto­ma­ti­sierung können bei Expe­ri­menten und großen Scree­nings der Zeit­aufwand, die manuelle Arbeit und damit die For­schungs­kosten redu­ziert werden. „Außerdem werden mensch­liche Fehler aus dem Prozess ent­fernt und ein grö­ßerer Stich­pro­ben­umfang möglich. Dadurch wird wie­derum die sta­tis­tische Aus­sa­ge­kraft der Ver­suche erhöht“, so Rie­chert weiter.

Die Stu­denten, die sich über das Studium und private Kon­takte kennen, hatten schon länger darüber nach­ge­dacht, wie sie ihre Expertise zusam­men­bringen können. Schmittmann, der Infor­ma­tiker, hat bereits als Ent­wickler gejobbt. Bad­stübner, der im Master Bio­logie mit dem Schwer­punkt Mole­ku­lar­bio­logie und Genetik stu­diert, in seiner Freizeit immer gern an Hardware gebastelt. Rie­chert hat sich wie­derum in seinem Studium der Wirt­schafts­in­for­matik viel mit der Anwendung von Machine Learning-Ver­fahren befasst. Zur Frucht­fliege sind sie dann eher zufällig gekommen, als Markus Bad­stübner von Kom­mi­li­tonen erzählte, die stun­denlang unter dem Mikroskop Frucht­fliegen sor­tierten. Die Idee für Zephyrus war geboren.

Kurz darauf hat sich das Team für das LifeTechLab von dresden|exists beworben und wurden mit ihrer Idee auch aus­ge­wählt. In dem 12-wöchigen Pro­gramm haben die Drei gemeinsam mit anderen Grün­der­teams ein erstes Geschäfts­konzept erar­beitet, sich wert­volles Wissen und Know-how ange­eignet und sich dadurch auch von der Wirt­schaft­lichkeit ihrer Idee über­zeugt. Nun arbeiten sie an ihrem Pro­to­typen, der die Mach­barkeit der KI-basierten Sor­tierung belegen soll. Eine For­schungs­gruppe als ersten Test-Kunden konnten sie dafür bereits gewinnen.

Dieser Beitrag wurde ursprünglich im Dresdner Uni­ver­si­täts­journal (Ausgabe 9, 12.05.2020) veröffentlicht.

↑ Nach oben