Sound-Design, dass für jeden zugänglich ist und einfach Spaß macht? Bei Wave Casual treffen Leidenschaft für elektronische Musik und Softwareentwicklung aufeinander. Bereits während ihres Informatikstudiums an der TU Dresden haben Thomas Meerpohl und Joshua Peschke an ihrer Idee gebastelt: ein intuitives Bedienkonzept für die digitale Musikproduktion, das auf Basis geometrischer Formen Klänge erzeugt. Gemeinsam mit Clemens Schmiegel, ebenfalls TU-Absolvent und Ingenieur für Elektrotechnik, entwickelten die drei Freunde den Software-Synthesizer Nylon. 2018 gründeten sie Wave Casual. Im Gründerportrait geben sie uns einen Einblick in ihre Erfahrungen.
Worum geht es bei eurer Geschäftsidee?
Wir gestalten und entwickeln neuartige elektronische Instrumente und Effekte für Musikproduzenten und Sounddesigner. Ähnlich wie in der physischen Welt, haben auch elektronische und digitale Instrumente alle ihre spezifischen Eigenheiten, die den Klangcharakter und den Umgang damit bestimmen. Obwohl man z.B. mit einer Gitarre die gleichen Töne und Melodien spielen kann, wie mit einem Klavier, ist das klangliche Ergebnis und auch das Erlebnis beim Spielen sehr unterschiedlich. Genauso verhält es sich mit Instrumenten, die ihren Klang mit Hilfe von Algorithmen und Elektronik erzeugen. Ein Unterschied ist jedoch, dass hier noch viel stärker auf die Klangfarbe Einfluss genommen werden kann. Theoretisch kann mit elektronischen Mitteln jeder beliebige hörbare Klang erzeugt werden. Die Schwierigkeit ist, wie man dem Instrument vermittelt, welchen Klang es erzeugen soll. Wir haben Algorithmen entwickelt, die grafische Formen in Klänge umwandeln und es dem Musiker oder Sounddesigner so erleichtern, seine Ideen hörbar zu machen.
Unser erstes Produkt ist der darauf aufbauende Software-Synthesizer Nylon, der seit kurzem auf unserer Webseite erhältlich ist. Das Feedback bisher war sehr positiv und es war ein ziemlich befriedigendes Erlebnis für uns, die ersten Musikstücke zu hören, die damit gemacht wurden.
Außerdem arbeiten wir an einem intelligenten Lautstärke-Kontroll-Gerät für Clubs. Die Lautstärke auf der Tanzfläche lässt sich aus der Position der Musiker oder DJs oft schwer einschätzen. Unser Gerät dient einerseits als Messgerät und Anzeige des Schalldrucks auf der Tanzfläche und benachrichtigt außerdem automatisch den zuständigen Techniker via App, falls die eingestellte Maximallautstärke überschritten wird. Das Projekt entstand, weil wir selbst als Mitbetreiber des Clubs “objekt klein a” diesen Bedarf hatten, und kein passendes Produkt gefunden haben. Wir haben also zunächst ein Einzelstück angefertigt und dann gemerkt, dass andere Clubs ähnliche Probleme haben und an unserer Lösung interessiert sind.
Wie entstand die Idee und wann habt ihr entschieden, sie auch umzusetzen?
Die zündende Idee kam schon vor mehr als 5 Jahren beim Musizieren und Experimentieren mit verschiedenen Klängen und Formen aus der leichten Frustration mit den Userinterfaces gängiger Software-Synthesizer heraus. Diese Grundidee hat Joshua dann in seiner Belegarbeit weiter ausgebaut und einen ersten Prototyp umgesetzt. Das Konzept stieß durchweg auf positive Resonanz. Thomas beschäftigte sich zur selben Zeit mit physischen Interfaces fürs Musik machen. Bei der Output, einer Veranstaltung auf der Studenten der Fakultät Informatik ihre Arbeiten präsentieren, hatten wir gemeinsam einen Stand und kamen darüber mit dresden|exists in Kontakt. Von diesem Zeitpunkt an gefiel uns die Idee, gemeinsam in dieser Richtung an einem Produkt zu arbeiten. Wir beide richteten dann unsere Diplomarbeiten in diese Richtung aus, holten Clemens mit ins Boot und fassten den Entschluss, nach dem Studium ein Unternehmen zu gründen und unser Projekt umzusetzen.
Was waren die größten Herausforderungen auf dem Weg in die Selbstständigkeit und wie habt ihr sie bewältigt?
Die größte Herausforderung waren die vielen Fragezeichen, die sich zu Anfang überall auftun. Bei den meisten Sachen, die wir gemacht haben, war zunächst fast alles unklar. Was sollten wir als erstes machen? Machen wir das richtig? Kann das überhaupt klappen? Lohnt sich der Aufwand? Das kann bei Zeiten schon dafür sorgen, dass man sich überfordert und gelähmt fühlt. Für uns war der Trick: einfach eine Sache nach der anderen machen.
Natürlich ist es wichtig, auch das große Ganze im Blick zu haben. Aber wenn es darum geht anzufangen, ist es wichtig, sich von dem Mangel an Informationen nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Einfach einen Plan machen, anfangen und dann regelmäßig Kurskorrekturen durchführen. Eine gute Faustregel beim Planen: alles dauert immer mindestens doppelt so lange als gedacht!
Was macht euch besonders stolz bzw. was waren bisher eure größten Erfolge?
Wir sind mittlerweile an einem Punkt, an dem unser Instrument Klänge macht, mit denen wir selbst teilweise nicht gerechnet hätte, die wir aber liebend gerne in unseren nächsten Musikstücken benutzen wollen. Das ist ein wirklich schönes Gefühl, wenn eine Idee auf einmal so ein Eigenleben entwickelt.
Welche Unterstützung hat euch in der Gründungsphase besonders geholfen?
Die persönliche Betreuung durch dresden|exists hat uns besonders geholfen. Die regelmäßigen Treffen bei denen der aktuelle Stand mit einem Außenstehenden besprochen wird, sind vor allem in der Anfangsphase extrem hilfreich! Das gibt einerseits eine gewisse Sicherheit nicht völlig daneben zu liegen und regt außerdem dazu an, alle Entscheidungen nochmal aus verschiedenen Perspektiven zu überdenken. Die Workshops von DeltaHochDrei haben uns auch sehr gut gefallen, vor allem der zum Thema Kommunikation. Auf finanzieller Seite haben uns die Förderung über das EXIST-Gründerstipendium und anschließend das Technologiegründerstipendium natürlich sehr geholfen. Ohne Starthilfe wäre die Gründung in dieser Form kaum möglich gewesen.
Welche Erfahrungen möchtet ihr anderen Gründern mit auf den Weg geben?
Die Gründung ist vorrangig ein Lernprozess. Am Anfang steht hauptsächlich Spekulation und ein Bauchgefühl und es gilt, zu recherchieren, Erfahrungen zu sammeln und systematisch Sachen auszuprobieren. Fast alles stellt sich dabei als komplexer als erwartet heraus.
Es ist deshalb umso wichtiger, klein anzufangen. Was ist der minimalste Aufwand, mit dem ihr eure Hypothesen überprüfen könnt? Was ist das minimalste Produkt, für das euch jemand bezahlen würde? Die Versuchung ist groß, viel zu viel Umzusetzen. Mit der Zeit kommen immer neue Ideen dazu, man möchte nichts Unvollständiges abliefern und fügt hier und da ein Feature hinzu. „Das sollte ja nicht so viel Aufwand sein… nur noch diese kleine Sache.“ – doch, das ist viel Aufwand! Widersteht der Versuchung und setzt das minimalste minimum viable product um, das geht! Wir haben über die Zeit so einiges an Features hinzugefügt und ärgern uns jetzt, weil die Umsetzung, Wartung und Dokumentation viel länger gedauert hat, als uns lieb ist.
Wo seht Ihr euer Unternehmen in 5 Jahren?
Unsere Ziele sind relativ bescheiden. Ein paar mehr Mitarbeiter wären schön und es wäre traumhaft, wenn unsere Instrumente und Tools von den Musikern verwendet würden die wir selbst gerne hören!