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Grün­der­por­trait #76: Erz­labor – Mate­ri­al­cha­rak­te­ri­sie­rungen für die Rohstoffwirtschaft

Wie wird ent­schieden, ob sich die Erschließung von Roh­stoff­la­ger­stätten lohnt, welche Ver­fahren sich zur Gewinnung bei­spiels­weise von Erzen oder sel­tenen Erden eignen oder wie diese am besten auf­be­reitet werden? Am Helm­holtz-Institut Freiberg für Res­sour­cen­tech­no­logie (HIF) des Helm­holtz-Zen­trums Dresden-Ros­sendorf (HZDR) wurden die auto­ma­ti­sierten Ver­fahren zur Analyse von Roh­stoffen per­fek­tio­niert. Das HZDR-Spin-off Erz­labor kom­bi­niert nun wis­sen­schaft­liche Expertise und modernste Ver­fahren, um Kunden aus dem Bergbau und der Roh­stoff­auf­be­reitung bei ihren Fra­ge­stel­lungen zu unter­stützen. Ende 2017 haben Dr. Dirk Sandmann, Petya Ata­nasova und Andreas Bartzsch die ERZLABOR Advanced Solu­tions GmbH gegründet. Über ihren Weg zum eigenen Unter­nehmen haben wir mit Dirk Sandmann gesprochen.

Worum geht es bei eurer Geschäftsidee?

Wir führen ana­ly­tische Mate­ri­al­cha­rak­te­ri­sie­rungen durch. Dafür nutzen wir die soge­nannte „Auto­ma­ti­sierte Mine­ra­logie“. Dabei werden feste Stoffe auf ihre Zusam­men­setzung, Ele­ment­ver­teilung oder Ver­wach­sungen ana­ly­siert: Erze, Gesteine oder Metalle. Unser Haupt­ge­schäftsfeld sind also Labor­dienst­leis­tungen. Im Moment beschäf­tigen wir uns mit allem, was mit Roh­stoffen zu tun hat. Von der Erkundung, über den Abbau bis hin zur Ver­edlung der Roh­stoffe. Per­spek­ti­visch wollen wir die kom­plette Wert­schöp­fungs­kette abdecken, d.h. auch für die Recy­cling­in­dustrie aktiv sein.

 

Team Erzlabor
Das Team der ERZLABOR Advanced Solu­tions GmbH (v.li.): Petya Ata­nasova, Andreas Bartzsch, Dr. Dirk Sandmann (Foto: HZDR / Detlev Müller)

Wie läuft das im Detail ab?

Wir nutzen aktuell Geräte des HZDR am Helm­holtz-Institut Freiberg (HIF) und der TU Berg­aka­demie Freiberg wie z.B. das Prä­pa­ra­ti­ons­labor und ver­schiedene ana­ly­tische Labore – wir mieten uns hier für die Gerä­te­nutzung ein. Jeder von uns ist für unter­schied­liche Bereiche und dadurch auch an unter­schied­lichen Orten ver­ant­wortlich. Andreas über­nimmt zum Bei­spiel die Prä­pa­ration der Proben, die für eine best­mög­liche Mate­ri­al­cha­rak­te­ri­sierung ent­scheidend ist. Das Auf­setzen oder Pro­gram­mieren der Messung müssen wir per Hand machen, die eigent­liche Analyse läuft auto­ma­tisch ab und danach werten wir sie über Skripte gesteuert aus. Im Anschluss an die Analyse und Aus­wertung beraten wir unsere Kunden auch bei der Inter­pre­tation der Daten.

Wie ent­stand die Geschäftsidee und wann habt ihr ent­schieden sie auch umzusetzen?

Ursprünglich stammt die Idee Mate­ri­al­ana­lysen auch kom­mer­ziell anzu­bieten von Dr. Jens Gutzmer, dem Grün­dungs­di­rektor des HIF und meinem Pro­mo­ti­ons­be­treuer. 2011 wurden die ersten Geräte für die For­schung gekauft. Da es von Beginn an auch Anfragen aus der Industrie gab, ent­stand die Idee letztlich aus der Nach­frage. Nach meiner Pro­motion Ende 2015 sind wir das Aus­grün­dungs­projekt dann konkret angegangen.

Welche Schritte habt ihr dann unternommen?

Zunächst haben wir mit einer Nut­zungs­analyse getestet, ob es möglich ist, zusätzlich zu den For­schungs­ana­lysen Indus­trie­ana­lysen durch­zu­führen. Dann führten wir eine Markt­re­cherche durch: was sind übliche Preise und wie viele Proben müssen wir ana­ly­sieren um kos­ten­de­ckend zu arbeiten oder Gewinn zu machen? Die Wett­be­werbs­re­cherche war der schwie­rigste Teil, weil die Daten der Wett­be­werber nicht direkt ersichtlich waren. Mit einem ersten Busi­nessplan haben wir dann eine Helm­holtz Enter­prise För­derung (Anm. d. Red.: ein internes Pro­gramm für Aus­grün­dungen aus der Helm­holtz-Gemein­schaft) bean­tragt und auch erhalten.

Analysegerät
Ana­ly­se­gerät Mineral Libe­ration Ana­lyzer (MLA) (Foto: TU Berg­aka­demie Freiberg/ Dirk Sandmann)

Was macht das Gründen im Ver­gleich zu einer Anstellung besonders?

Man ist für alles selbst ver­ant­wortlich. Wenn man in einem For­schungs­in­stitut ange­stellt ist, ist das schon eher das Wohl­fühl­paket bei dem man sich kaum Sorgen machen muss. Selber die volle Ver­ant­wortung zu haben, ist ein großer Unter­schied. Da wir eine sehr kleine Gruppe sind, müssen wir viele unter­schied­liche Dinge über­nehmen, die vorher nicht zu unseren Auf­gaben gehörten: Ich bin zum Bei­spiel für alles Finan­zielle und die Admi­nis­tration zuständig. Per­so­nal­themen teile ich mir mit Petya. Dazu kommen die Analysen.

Wie sieht bei euch ein üblicher Arbeitstag aus?

Jeder Arbeitstag ist etwas anders. Bei einem Ana­ly­se­auftrag bin ich den ganzen Tag im Labor und mache Mes­sungen und Aus­wer­tungen. Es gibt aber auch Tage, an denen ich im Büro sitze und Ver­wal­tungs­auf­gaben erledige. Zum Bei­spiel Ein­gangs- und Aus­gangs­rech­nungen, Kon­to­führung, Bankbuch oder Kasse. Es gibt auch Tage an denen ich fast nur E‑Mails schreibe und Kun­den­an­fragen beantworte.

Was waren die größten Her­aus­for­de­rungen auf dem Weg in die Selbst­stän­digkeit und wie habt ihr sie bewältigt?

Eine große Her­aus­for­derung waren die Ver­trags­ver­hand­lungen im Los­lö­sungs­prozess vom HZDR, aber auch die Nut­zungs- und Lizenz­ver­träge. Hier haben beide Seiten natür­liche unter­schied­liche Vor­stel­lungen, die man zusam­men­bringen muss.

Eine weitere Her­aus­for­derung war die Frage, ob wir genügend Kunden bekommen würden. Die Auf­träge, die vor der Gründung durch das HIF abge­wi­ckelt wurden, wurden auf Basis des Geräte-Kosten-Preis kal­ku­liert. Wir konnten natürlich schwer ein­schätzen, ob diese Kunden dann bereit wären den drei- oder vier­fachen Preis zu zahlen. Hier hat uns die Helm­holtz Enter­prise För­derung Sicherheit gegeben.

Die eigent­liche Gründung ging sehr schnell. Wir hatten einen Notar­termin im November 2017 und den Han­dels­re­gis­ter­eintrag Ende Dezember. Im Januar kam die Steu­er­nummer vom Finanzamt. Mehr Zeit haben die wei­teren Anmel­dungen gebraucht: IHK, Gewer­beamt, Kran­ken­kassen, Arbeits­agentur, Ver­si­cherung, Berufs­ge­nos­sen­schaft. Themen wie die Gefähr­dungs­be­ur­teilung und Arbeits­si­cherheit für die Berufs­ge­nos­sen­schaft sind auf­wendig und beschäf­tigen uns nach wie vor. Das haben wir vorher nicht so bedacht.

Habt ihr das Thema Finan­zierung als Her­aus­for­derung gesehen oder ging das straight forward?

Wir haben keine externe Finan­zierung – und das war auch von vorn­herein bei der Aus­ar­beitung des Busi­ness­plans so vor­ge­sehen. Das heißt, nach der Gründung haben wir die lau­fenden Kosten aus den Auf­trägen bezahlt. Durch Pilot­kunden konnten wir vor der Gründung schon gut ein­schätzen, welche Kosten pro Analyse ver­ur­sacht werden und wieviel Gewinn übrig bleibt.

Was macht euch besonders stolz bzw. was waren bisher eure größten Erfolge?

Dass wir es geschafft haben, unseren Busi­nessplan zu bestä­tigen. Den Umsatz für 2018 konnten wir nicht ganz erreichen, dafür waren die Kosten nied­riger als geplant. Dadurch machten wir bereits im ersten Geschäftsjahr Gewinn. Wir haben außerdem zu 50 % wie­der­keh­rende Kunden, wovon ein Kunde bereits acht Mal wie­der­ge­kommen ist.

MLA-Mineralkarte
MLA-Mine­ral­karte eines Sul­fi­derzes (Foto: HZDR / Max Frenzel)

Habt ihr eher regionale Kunden oder auch inter­na­tionale Kunden? Wollt ihr die Inter­na­tio­na­li­sierung noch stärker vorantreiben?

Wir haben aktuell sowohl Kunden aus Deutschland, als auch inter­na­tional. Wobei sich inter­na­tional haupt­sächlich auf den Euro­päi­schen Raum bezieht, zum Bei­spiel aus Frank­reich, Finnland oder Schweden. Wir würden aber auch gern im ost­eu­ro­päi­schen Raum aktiv werden und ver­suchen Pro­jekte anzu­schieben. Hier gibt es Berg­bau­länder wie Bul­garien oder Rumänien, die Interesse an unseren Ana­lysen hätten.

Welche Unter­stützung hat euch in der Grün­dungs­phase besonders geholfen?

Vom HIF haben wir viel Unter­stützung bekommen. Da Jens Gutzmer, nicht nur Insti­tuts­leiter, sondern auch der Ideen­geber war, hat er das Projekt stark unter­stützt. Die Helm­holtz Enter­prise För­derung war sehr wichtig für die Grün­dungs­vor­be­reitung. Darüber konnten wir in der Anfangs­phase Per­sonal- und Sach­kosten abdecken. Auch die damit ver­bundene Teil­nahme an den FDays von Fraun­hofer Venture (Anm. d. Red. ein Acce­le­ration-Pro­gramm für Spin-offs) hat uns geholfen – besonders was die Geschäftsidee und die Team­findung betrifft.

Das Tech­no­lo­gie­grün­der­sti­pendium der SAB half nach der Gründung auf der Kos­ten­seite die Per­so­nal­kosten zu senken. Und natürlich die Unter­stützung von dresden|exists bei der gesamten Antrags­stellung, die alleine viel länger gedauert hätte. Auch die von dresden|exists ange­bo­tenen Kurse waren sehr hilf­reich, zum Bei­spiel die Kurse zu den wich­tigsten Rechtsgrundlagen.

Welche Erfahrungen/ Tipps möchtet ihr anderen Gründern mit auf den Weg geben?

Bei uns dauerte es seine Zeit, bis die Gründung erfolgen konnte. Aber das war richtig so. Man sollte die Gründung ordentlich vor­be­reiten und vorher gut recher­chieren, ob die Idee eine Firma trägt, exis­tiert Nach­frage oder gibt es Hindernisse.

Dann sollte das Team gut zusam­men­passen. Kleine Rei­be­reien machen sich schnell im Arbeits­klima bemerkbar. Bei uns waren es meist Miss­ver­ständ­nisse, die man aber schnell auf­klären kann, wenn man mit­ein­ander redet.

Nach der Gründung ist das wich­tigste, dass man immer auf die Finanzen achtet. Wir tragen jeden Monat in unsere Pro­gnose des Busi­ness­plans die aktu­ellen Zahlen ein, sodass wir sehen, wie sie sich ent­wi­ckeln. So können wir planen und die Liqui­dität der Firma sicherstellen.

Ein wei­terer Tipp ist, immer am Kunden dran zu bleiben und sowohl die Bestands­kunden zufrieden zu halten, als auch Akquise zu betreiben um neue Kunden zu gewinnen. Den Zeit­aufwand hierfür sollte man nicht unterschätzen!

 

Wo seht ihr euer Unter­nehmen in den nächsten fünf Jahren?

Logo Erzlabor

In fünf Jahren könnten wir bereits unsere ersten eigenen Ana­ly­se­geräte besitzen. Momentan müssen wir noch alles mieten. Der Mit­ar­bei­ter­stamm sollte bis dahin auch gewachsen sein, was auch ein grö­ßeres Büro als unser jet­ziges vor­aus­setzt. Außerdem bräuchten wir bei eigenen Geräten auch eigene Laborflächen.

Wir haben bereits im ersten Jahr unsere Geschäfts­felder stärker aus­ge­weitet als zunächst ange­nommen, da wir auch Bera­tungs­leis­tungen anbieten. Ich denke das wird noch weiter zunehmen. Wir planen auch bereits die Erstellung von geo­me­tall­ur­gi­schen Kon­zepten. Dazu soll ein neuer Mit­ar­beiter das Know-how in die Firma mit­bringen. Wir wollen uns also künftig noch breiter aufstellen.

 

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