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Wenn Gründer auf Klin­gonen treffen und Selbst­ständige nicht mehr reso­zia­li­sierbar sind… – Rück­blick auf das 43. Gründerfoyer

Gabriele Fischer berichtet an der TU Dresden aus der Gründungszeit der brand eins. Foto: Robert Gebler
Gabriele Fischer berichtet an der TU Dresden aus der Grün­dungszeit der brand eins.
Foto: Robert Gebler

Eine Grün­der­foyer-Refe­rentin, die eigentlich nicht gern Vor­träge über die eigene Gründung hält? Grün­dungs­ge­schichten erzählen sei wie Freunden hun­derte Urlaubs­fotos zu zeigen, erklärte brand eins Grün­derin Gabriele Fischer. „Mit jedem ein­zelnen ver­bindet man Gefühle, während für die Freunde spä­testens das dritte Strandfoto nicht mehr vom ersten zu unter­scheiden ist.“ Und außerdem sei es für sie selbst auf die Dauer auch lang­weilig. Zum Glück gab sie trotzdem einen kleinen Ein­blick in die für uns doch span­nende Grün­dungszeit des Magazins. Sehr offen und auf eine humor­volle, packende Art erzählte sie von posi­tiven Erleb­nissen, aber auch von den diversen “Nah­tod­erfah­rungen”. Statt Vortrag gab es diesmal eine Fra­ge­runde: „Damit man auch das erfährt, was einen wirklich inter­es­siert!“ Eine gute Idee! Die etwa 500 Besucher fanden Fischers Aus­füh­rungen so ein­ladend, dass die von uns vor­be­rei­teten Fragen gar nicht alle zum Einsatz kommen mussten.

Für alle, die am 3. Juni 2015 zum 43. Grün­der­foyer im Hör­saal­zentrum der TU Dresden nicht dabei sein konnten, lassen wir hier noch einmal einige High­lights des Abends Revue passieren…

 

Wie emp­fanden Sie den Per­spek­tiv­wechsel von der Jour­na­listin zur Unternehmerin?

Da nicht alle die Geschichte kannten, nutzte Gabriele Fischer die Frage, um die Aus­gangs­si­tuation zu erklären: Als Chef­re­dak­teurin beim Manager Magazin sollte sie ein Konzept für eine ganz neue Ziel­gruppe ent­wi­ckeln. Es sollte ein Wirt­schafts­ma­gazin werden, das „Business in Bewegung“ ver­körpert,  eine direkte Sprache spricht und den Auf­bruchs­geist der Zeit wie­der­spiegelt –  die Idee für Econy war geboren. Voller Taten­drang und Enthu­si­asmus machte sich das Redak­ti­onsteam an die Umsetzung. Sie fühlten sich „wirklich wie die Helden“. Doch schon nach der 2. Ausgabe im Juli 1998 mussten sie den harten Tat­sachen ins Auge blicken, denn der Verlag stellte das Magazin ein.

Von großer Empörung und Ent­täu­schung ange­trieben ver­öf­fent­lichte Fischer und ihr Redak­ti­onsteam das Magazin anschließend im Eigen­verlag. Sie ließen sich vom Auf­bruchs­geist der Nuller­jahre mit­reißen. „Wir dachten das Geld läge auf der Straße“, so Fischer.  Das galt viel­leicht  für Inter­net­medien jedoch nicht für Print und so  mündete es erneut in Ernüch­terung. „Es war toll vorher die eigenen Möbel aus­zu­suchen, doch nun mussten wir sie auch selbst bezahlen.“ Sie waren nach der 2. Ausgabe pleite und mussten ihre Rechte an den Verlag für Wirt­schafts­medien ver­kaufen. Eine Zusam­men­arbeit die am Ende gar nicht passte und nach 6 Monaten schei­terte. Die Vor­stellung des Fach­verlags, der Fach­titel für die Industrie und ein klin­go­ni­sches Wör­terbuch ver­legte, passte so gar nicht zu denen des Teams. Das Ergebnis: Econy blieb beim Verlag, aber ein Wett­be­werbs­verbot gab es nicht. Ans Auf­geben hätte sie in der ganzen Zeit nie ernsthaft gedacht, da es keine blü­henden Alter­na­tiven gab, so Fischer. Es sei denn, sie wolle in den nächsten 20 Jahren damit beschäftigt sein Insol­venzen abzu­be­zahlen. Also machte sie weiter und gründete vier Wochen später brand eins!

 

Gabriele Fischer auf dem 43. Gründerfoyer von dresden|exists. Foto: Robert Gebler
Gabriele Fischer auf dem 43. Grün­der­foyer von dresden|exists. Foto: Robert Gebler

Doch zurück zum Per­spek­tiv­wechsel: „Meine erste Erfahrung als Grün­derin war die, dass du dich um alles kümmern musst. Du musst dich um die Ver­sorgung kümmern, um die Gelder kümmern … und es hat ungefähr ein halbes Jahr gedauert, bis wir das schön fanden.“

Rück­bli­ckend stellte sie fest, dass sie eigentlich keine Ahnung hatte, worauf sie sich einließ. Sie wisse auch nicht, ob sie es erneut tun würde. Aber generell gelte für Grün­dungen, dass ein bisschen Nai­vität und vor allem der Glaube an die eigene Idee es manchmal viel ein­facher mache, schwere Hürden zu überwinden.

 

Was waren wert­volle und positive Erfahrungen?

In erster Linie sei das natürlich die Gründung von brand eins im Jahr 1999 gewesen und das damit ver­bundene Gefühl von Freiheit. „Schon damals, ein Jahr nach Econy, waren wir nicht mehr reso­zia­li­sierbar. Es war eine intensive Lebensform. Wir hatten unsere eigenen Regeln, machten eigene Fehler und trafen eigene Ent­schei­dungen“, beschreibt Fischer die Anfangszeit. Außerdem hätten sie unglaub­liche Unter­stützung von Autoren, Foto­grafen und vielen anderen bekommen. Sogar ein Kurier stand einmal in der Redaktion und erklärte, er werde so lange umsonst fahren, bis sie es sich leisten könnten.

 

Wie haben Sie es geschafft ihre Moti­vation trotz der ganzen Tief­schläge aufrechtzuerhalten?

Als här­teste Aufgabe stellte sich das Werben von Inves­toren und die Finan­zierung dar. Schließlich wollten die davon über­zeugt werden, dass brand eins kon­kur­renz­fähig ist und auf dem Markt über­leben kann. Dabei mussten sich Fischer und ihr Team bittere Kom­mentare anhören. Aber diese Erfah­rungen machten sie stärker und den Leuten, die nur Zweifel und Mitleid übrig hatten, denen wollte sie es zeigen! Mit jedem Rück­schlag rei­chere sich die Erfahrung an, dass man  diese über­leben kann, erklärte Fischer. So ent­wi­ckelte sich ein Selbst­be­wusstsein, das die nötige Energie gab fortzufahren.

„Wir haben das geliebt, was wir getan haben. Und außer uns hätte es niemand so gemacht!“ Ihr Arbeits­umfeld sei außerdem eine selbst­kre­ierte Oase gewesen, in der ihre eigenen Regeln und Normen galten und die Redaktion wie eine Art Familie zusammen wuchs. Dazu gehörte aber auch eine besondere Offenheit. Fischer sei es immer wichtig gewesen auch in Finanz­fragen volle Trans­parenz gegenüber dem Team zu zeigen. Dies und das Ver­trauen, es zu schaffen, habe das Team zusammengehalten.

 

Läuft man nicht Gefahr auf Grund der stän­digen Unsi­cherheit die Krea­ti­vität zu gefährden?

Bei brand eins sei eher das Gegenteil der Fall gewesen. „Wir wussten nach jeder neuen Ausgabe nicht, ob es nicht unsere letzte sein könnte.“ Durch diese immer­wäh­rende Unsi­cherheit hätten Fischer und ihr Team bei jeder Ausgabe ihr Bestes gegeben, um jedes Mal aufs Neue eine ein­zig­artige letzte Ausgabe auf den Markt zu bringen. Mit dem Ergebnis, dass brand eins heute eines der erfolg­reichsten Wirt­schafts­ma­gazine in Deutschland und eine starke Marke ist! Für sie sei inzwi­schen eher die zuneh­mende Sicherheit gefährlich. Und sie müssten darauf achten, die Krea­ti­vität zu fördern, statt ein Heft zu schreiben, das sich an vor­herige anlehne, die sich gut ver­kauft haben.

Auch wenn Gabriele Fischer nach eigener Aussage eigentlich keine Rat­schläge gibt – „Denn Rat­schläge sind auch Schläge.“ – hatte sie noch ein abschlie­ßendes Statement für die Besucher, welches auch die Ent­wicklung der brand eins gut zusam­men­fasst: „Man muss sich immer wieder trauen etwas Neues zu wagen! Das Wich­tigste ist, dass man selbst von seiner Idee voll­kommen über­zeugt ist und dass man eine hohe Frus­tra­ti­ons­to­leranz hat.“

Für dieses Schlusswort und einen packenden „Vortrag“ gab es einen begeis­terten Beifall vom Publikum.

 

Was war sonst noch los auf dem 43. Gründerfoyer?

  • ein voller Hörsaal und fast 500 Besucher
Fast 500 Besucher verfolgten gespannt den Vortrag von Gabriele Fischer. Foto: Robert Gebler
Fast 500 Besucher ver­folgten gespannt den Vortrag von Gabriele Fischer. Foto: Robert Gebler
Foto: Robert Gebler
Katharina Roitzsch spricht für Innoworx. Foto: Robert Gebler
Foto: Robert Gebler
Eric Mischke prä­sen­tiert Lineupr. Foto: Robert Gebler
Foto: Robert Gebler
Marius Brade pitcht für Mind-Objects. Foto: Robert Gebler

 

  • Acht Grün­der­teams & zahl­reiche Partner, die in Dresden Exis­tenz­gründer unter­stützen, standen im Aus­stel­lungs­be­reich im Foyer für Fragen zur für Verfügung
Im Foyer des HSZ beantworten Gründer und Partner die Fragen der Besucher. Foto Robert Gebler
Im Foyer des HSZ beant­worten Gründer und Partner die Fragen der Besucher.
Foto Robert Gebler

 

Jetzt bleibt uns nur noch DANKE zu sagen! 

Ein herz­liches Dan­ke­schön an Gabriele Fischer, an unsere Spon­soren, die Ost­säch­sische Spar­kasse Dresden, die Brauerei Rechenberg und Glasfoto.com, an die Gründer sowie an alle Unter­stützer und hel­fenden Hände!

Noch nicht genug gesehen? Mehr Impres­sionen gibt es in unserer Bil­der­ga­lerie.

 

Fotos: Robert Gebler

Autoren des Posts: Frauke Posselt &  Phuong Anh Nguyen


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