Ursprünglich aus einem Schulprojekt in Indien entstanden ist Design for Change heute eine weltweite Bewegung. In 34 Ländern arbeiten Ehrenamtliche und Lehrer daran, in Kindern das Bewusstsein zu wecken, dass sie ihre Umwelt selbst gestalten können. Eva-Maria Zoll (Betriebswirtin), Hanna Martus (Mediengestalterin) und Annett Löser (Industriedesignerin) haben Design for Change nun nach Deutschland gebracht. In der HTW Gründungsschmiede arbeiten die drei Design-Thinker daran, die Methode auch in deutschen Schulen zu verankern und Schüler darüber zum selbständigen Handeln zu motivieren. Über das Projekt Design 4 Change – Germany haben wir mit Annett Löser, eine der Gründerinnen, gesprochen.
Was steckt hinter Design for Change?
Design for Change ist die größte globale Initiative, mit der Schüler die Bedeutung der zwei eindrucksvollen Worte „I CAN“ erleben und zu aktiven Gestaltern ihrer Welt werden. Design for Change (DFC) wurde von der Schulgründerin und Designerin Kiran Bir Sethi an der renommierten Riverside School im indischen Ahmedabad ins Leben gerufen. Ursprünglich ein Schulwettbewerb, entwickelte sich daraus innerhalb von nur vier Jahren eine globale Bewegung, die Kinder und Erwachsene gleichermaßen inspiriert. Im Jahr 2013 erreichte DFC ca. 25 Millionen Kinder in 34 Ländern und eröffnete diesen neue Möglichkeiten, um ihre eigene Umgebung nachhaltig zu gestalten und zu verändern.
Wie und wann entstand die Idee, Design forChange nach Deutschland zu bringen?
Nachdem Eva-Maria Zoll im Jahr 2012 für sechs Monate an der Riverside School in Ahmedabad gelehrt hatte und ich 2013/2014 bei Design for Change in Indien und Israel gearbeitet hatte, bekamen wir beide im Frühjahr 2014 das Angebot, das Projekt hier in Deutschland als Kooperationspartner voranzubringen. Nachdem wir zusammen an der „Be the Change Conference“ & dem Global Partner Meeting von Design for Change in Indien teilgenommen haben, wurden wir im Sommer 2014 als offizielle Partner benannt.
Wie arbeitet Design for Change – Germany?
Wir arbeiten mit der Methode des Design Thinking: Dieser Prozess wurde von Design for Change speziell für Kinder im Alter von 9 bis 16 Jahren entwickelt. Die Teilnehmer werden in vier Schritten durch diesen Gestaltungsprozess begleitet. Die Schüler erforschen, was sie in ihrem Umfeld beschäftigt, entwickeln konkrete Ideen und setzen diese in die Tat um. Im gesamten Prozess lernen die Teilnehmer nicht nur, ihre eigenen Kompetenzen zu erkennen, sondern auch Methoden, um diese zu stärken. Anschließend werden die Projekte dokumentiert und veröffentlicht, um andere Jugendliche zum Handeln zu inspirieren.
Warum ist es aus Eurer Sicht wichtig, Design Thinking an Schulen zu vermitteln?
Die Kompetenzen und Fähigkeiten, die Jugendliche für eine Berufsausbildung und ein Studium mitbringen müssen, verändern sich. Um eine Ausbildung erfolgreich zu absolvieren, sind diese sogenannten 21. Century Skills unverzichtbar: In einer Gruppe gleichberechtigt arbeiten, soziale Verantwortung übernehmen, Empathie entwickeln, komplexe Probleme erfassen und verschiedene Lösungsansätze kennen – all das ist heute wichtiger als je zuvor.
Welche konkreten Angebote für Schulen bzw. Lehrer habt Ihr?
Wie bieten Workshops und Kurse in verschiedenen Formaten für SchülerInnen an. Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich ein Design for Change – Programm gut in Projektwochen einbinden lässt, da wir hier mit den SchülerInnen konzentriert und ohne größere Unterbrechungen arbeiten können.
Zusätzlich coachen wir Lehrer, Pädagogen und Teach First Fellows in Design Thinking-Seminaren, damit diese dann mit den gelehrten Methoden eigene Design for Change-Projekte an ihren Institutionen umsetzen können. Wichtig ist, dass wir die Pädagogen bei der Umsetzung eines Design for Change–Projekts nicht allein lassen. Design Thinking benötigt als neue Methode in der frühen Bildung Übung und Zeit, bis sie problemlos in die Praxis eingebunden werden kann.
Ihr habt kein Unternehmen gegründet, welchen unternehmerischen Fragen musstet Ihr Euch dennoch stellen, um das Projekt Design for Change auf den Weg zu bringen?
Auch wenn wir nicht gewinnbringend arbeiten, müssen wir uns den ganz klassischen Fragen widmen, die sich auch für Start-ups und Gründer stellen. Was ist unser Angebot? Was unterscheidet uns von anderen Projekten? Wer könnten wichtige Kooperationspartner und Multiplikatoren sein? Wie kann sich das Projekt finanzieren? Das ist Herausforderung und Bereicherung zugleich.
Wie haben euch die HTW Gründungsschmiede/dresden|exists auf diesem Weg geholfen?
Die Gründungsschmiede unterstützt uns in erster Linie mit einem mietfreien Büro, bei dem alle Infrastrukturen schon vorhanden sind. Diese Möglichkeit nimmt uns gerade in der Anfangsphase eine große Last von den Schultern. Die Gründungsschmiede hilft uns zudem bei Fragen rund um Gründung und Finanzierung. Unbezahlbar sind natürlich das Netzwerk und der Austausch, der in einer solchen Initiative stattfindet.
Was waren die größten Herausforderungen und wie habt Ihr sie bewältigt? Die größte Herausforderung ist die Finanzierung des Projektes. Design for Change ist gemeinnützig und arbeitet nicht gewinnbringend. Seit diesem Jahr trägt der gemeinnützige Verein Konglomerat e.V. unser Projekt, sodass wir jetzt für einzelne Vorhaben Fördermittel beantragen können.
Eine weitere Herausforderung ist, das internationale Programm so zu konzipieren, dass es möglich wird, es im Rahmen der deutschen Kultur- und Bildungslandschaft in das immer noch veraltete Bildungssystem einzubauen und fest zu verankern.
Gibt es etwas, worauf Ihr besonders stolz seid?
Wir freuen uns, dass wir in so kurzer Zeit so viel gutes Feedback von Pädagogen, Institutionen und Freunden bekommen haben und unser Netzwerk sich dadurch fast täglich erweitert; dass Freunde zu Unterstützern wurden und dieses Projekt ohne sie nicht schon so weit voran geschritten wäre, wie es jetzt ist!
Stolz sind wir vor allem darauf, dass Design for Change – Germany im Mai 2015 Gastgeber für das europäische Partnertreffen sein wird. Das bedeutet, dass sich alle Partnerländer von Design for Change aus den EU-Staaten am 22. und 23. Mai 2015 in Dresden treffen, um gemeinsam über Kooperationsmöglichkeiten zu diskutieren, kleine Design Thinking Workshops und öffentliche Vorträge zu halten und Einblicke in das globale Projekt zu geben. Wir freuen uns, dass Dresden die Gelegenheit erhält, Gastgeber und Begegnungsstätte für 14 Länder zu sein.
Was ist Eure Zukunftsvision für Design for Change – Germany?
Wir wollen, dass die Bedeutung der Hybridisierung von verschiedenen Disziplinen auch im Bildungsbereich erkannt und umgesetzt wird, damit sinnvolle Kooperationen entstehen können, die den unterschiedlichen Zielgruppen einen wirklichen Mehrwert bringen. Design for Change – Germany soll in Zukunft wichtiger Ansprechpartner im Bildungsbereich sein, wenn es um alternative Lehr und Lern- und Lernmethoden geht.
Außerdem wünschen wir uns, dass Design for Change – Germany ein starker Partner des globalen DFC – Netzwerkes wird, um einen Teil zu einer weltoffenen und nachhaltigen Gesellschaft beizutragen.
Wie können Interessierte Design for Change – Germany unterstützen?
Wir arbeiten alle ehrenamtlich und haben noch keine gesicherte Finanzierung. Aus diesem Grund suchen wir Personen, Partner, Firmen und Institutionen, die das Projekt mit uns in Deutschland voranbringen wollen. Wie suchen engagierte Personen jeder Altersklasse, die uns in verschiedenen Formen und mit unterschiedlichen Beiträgen wie z. B. Förderanträgen, Datenbanken und Sponsoring unterstützen können.
Ihr wollt das Projekt unterstützen? Den Kontakt und aktuelle Informationen findet Ihr unter www.dfcgermany.de oder auf der Facebookseite von Design for Change – Germany.