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Gründerportrait #47: Lisa Dathe – Übernehmerin der kaffeeode in Dresden

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Foto: Stefanie Köhler (artmovement)

Lisa Dathe hat von dem geplanten Verkauf der kaffeeode in Dresden zufällig erfahren. Eigentlich suchte die diplomierte Geographin nach einem Job in ihrer Branche. Um in dieser Zeit das Gefühl zu bekommen, gebraucht zu werden, arbeitete sie nebenbei in einem Café. So erfuhr sie vom geplanten Verkauf der kaffeeode. Was danach passierte, hat sie uns im Interview erzählt.

 

Welches Unternehmen haben Sie übernommen?

Zum 1. Januar 2012 habe ich die kaffeeode übernommen. Die ehemalige Inhaberin ist Schmuckdesignerin und nutzte das Kaffee bis zu diesem Zeitpunkt auch als Atelier. Das fiel mit dem Verkauf weg und ich suchte nach Wegen, die kaffeeode nach meinen Vorstellungen umzugestalten. Es ist mein Unternehmen und ich möchte mich damit identifizieren. Geblieben ist der Name, Teile der Einrichtung, das Kaffeeangebot und die Gäste. Neu ist das Angebot von Suppen, Sandwiches und selbstgebackenem Kuchen.

 

Wie und wo haben Sie den Übergeberin kennengelernt?

Die ehemalige Eigentümerin wollte aus familiären Gründen das Café abgegeben und suchte nach einem Nachfolger. Ich jobbte zu dieser Zeit in einem Dresdner Café. Dort habe ich zufällig von meiner damaligen Chefin erfahren, dass die kaffeeode zum Verkauf steht. Ich habe sie mir dann einfach mal angeschaut und irgendwie ist der Funken sofort übergesprungen. Ich konnte mir recht schnell vorstellen, die neue Inhaberin zu werden und habe mich dann ab Herbst 2011 auf die Übernahme vorbereitet.

 

Wann haben Sie sich für die Übernahme entschieden?

Ein neues Café zu eröffnen, hatte ich nie vor. Aber hier gab es schon eines. Ich wusste, es funktioniert, auch wenn ich konzeptionell etwas verändert habe. Zum damaligen Zeitpunkt war ich etwa 1,5 Jahre auf der Suche nach einer Anstellung als Geographin. Nach dieser Zeit fühlte ich mich einfach bereit, etwas Neues zu beginnen. Das Café bot sich dafür an. Es ist von der Größe sehr überschaubar – auch von den Investitionskosten. Falls es nicht funktioniert hätte, hätten sich die finanziellen Verluste in Grenzen gehalten. Außerdem hatte ich die volle Unterstützung meiner Familie. Das war für mich ebenfalls ganz wichtig.

Das Café ist ein Kleinod im Waldschlösschenareal zwischen kalten Bürogebäuden. Es gibt andere gastronomische Einrichtungen, diese sind aber nicht vergleichbar. Für viele meiner Gäste ist der Kaffee bei mir eine kleine Auszeit vom hektischen Alltag. Und das passt einfach zu mir.

 

Was waren die größten Herausforderungen während der Übernahme und wie haben Sie diese bewältigt?

Ich bin nicht so ein betriebswirtschaftlicher Typ, der sich gerne in Zahlen reinfuchst und damit auseinandersetzt. Das ist für mich jetzt immer noch eine Herausforderung. Mich hinzusetzen und zu überlegen, was sind meine Einnahmen, was meine Ausgaben und welchen betriebswirtschaftlichen Gestaltungsrahmen habe ich. Das fällt mir nicht immer leicht. Mittlerweile habe ich da aber Lust darauf und möchte es lernen.

Dann musste ich erst mal lernen zu erkennen, wie meine Ideen ankommen und was die Gäste wollen. Ich musste ein Gefühl dafür entwickeln, mich auf meine Kunden einzustellen, ohne mich zu verlieren. Ich habe ja mein Konzept und möchte das gerne weiterführen. Daher brauche ich das Gespür, was den Gästen gut tut und was mir gut tut, um ich dahingehend weiterzuentwickeln.

 

Foto: Lisa Dathe
Foto: Lisa Dathe

Was macht Sie besonders stolz bzw. was sind Ihre bisherigen Erfolge?

Das Café ist sehr gut angelaufen. Es bestärkt mich, dass ich merke, die kaffeeode ist nicht wegzudenken. Es ist ein Ort zum Durchatmen zwischen all den Bürogebäuden, dem Durchgangsverkehr, dem Stress. Ein Ort der Ruhe. Und das verbinde ich natürlich auch mit mir. Es ist das Café an sich, als kleines Häuschen, was hervorsticht. Und da es so klein ist, hängt es eben auch an der Person, die es führt.

 

Gab es Tage, an denen Sie sich nicht sicher waren, wie und ob es weitergehen soll? Wenn ja: wie haben Sie diese Hürden bewältigt?

Ja, ich hatte schon Tage, an denen es schwierig war. Das war im letzten Winter, was ja gleichzeitig mein erster Winter im Café war. Den fand ich herausfordernd. Mir hat die Sonne gefehlt, mir und den Gästen. Das habe ich wirklich gemerkt. Es ist ein sehr kleines Café. So habe ich keinen Rückzugsraum, keine Küche in der ich mal kurz verschwinden könnte. Ich bin immer 100% da. Es war eine große Herausforderung, mich da auch mal rauszunehmen oder abzugrenzen. Ich habe es dann einfach so gemacht, dass ich mir eine Auszeit genommen habe. Ich hatte im Jahr davor keinen Urlaub und musste mal raus. Das hat mir sehr geholfen. Ich bin dann wieder frohen Mutes und mit etwas Abstand ins Geschäft zurückgekommen, habe auch mal jemand anderen hinterm Tresen gesehen und konnte mich dann einfach rausnehmen, weil ich wusste es läuft. Das hat mir die Kraft gegeben, wieder Neues einzubringen.

Außerdem gibt es durchaus Tage an denen ich bange, ob sich die kaffeeode auf Dauer trägt. Denn die kalten Tage und der begrenzte Raum für Gäste sind auch für ein Limit im Umsatz verantwortlich. Ich muss deshalb immer darauf vertrauen, dass ich in der wärmeren Periode des Jahres genug einspiele, um die kalte Saison auzugleichen.

 

Welche Erfahrungen möchten Sie an andere weitergeben, die jetzt vor der Entscheidung stehen, eine Unternehmensnachfolge anzutreten?

Ich kann vielen eigentlich nur sagen, dass sie sich trauen können! Aber sie sollen die Selbstständigkeit schon gut durchdenken – wer hinter einem steht, wer einem helfen kann. Und sie sollen Hilfe annehmen. Habt den Mut, euch auf den Weg zu begeben und euch auszuprobieren! Es ist ein sehr großer Gewinn, wenn man für sich und das eigene Unternehmen verantwortlich ist, wenn man Verantwortung übernehmen kann und darf. Das ist ja keine Bürde oder Last, sondern das ist etwas ganz Schönes, die Unternehmung voranzutreiben und weiterzuentwickeln, dem Unternehmen ein Gesicht zu geben.

 

Was ist Ihre Zukunftsvision bzw. was möchten Sie in den nächsten 5 Jahren erreichen?

Ich sehe das Café in fünf Jahren noch geöffnet – ob mit mir oder ohne mich, das weiß ich nicht. Mir ist es ein großes Anliegen, dass das Café in der Art und Weise noch existiert. Vielleicht steige ich ja auch wieder in die Geographie ein und suche für mein Café einen Nachfolger…

 

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