Dresden ist ein wichtiges Zentrum der Materialforschung. Ein Beispiel dafür wie diese Forschungsergebnisse in innovative Produkte umgesetzt werden, ist die perfluorence GmbH. Sie entwickelt, produziert und vermarktet reibungsmindernde und verschleißarme Kunststoffe- und Additive für Schmierstoffe. Die im Januar 2013 gegründete Firma ist ein Spin-Off des Leibniz-Instituts für Polymerforschnung Dresden e. V. (IPF). Wie sie von der Forschung zum eigenen Unternehmen gekommen sind, haben wir bei Thomas Engelhardt, Hagen Marks und Frederico Rosenbaum nachgefragt.
1. Was ist der Inhalt Eurer Selbstständigkeit?
Wir wollen ein Unternehmen aufbauen, das sich im Bereich der Rohstoffveredlung für spezielle Hochleistungskunststoffe und Schmierstoffsysteme als Experte für verschleißmindernde Werkstoffe positioniert. Überall wo sich Bauteile in relativer Bewegung zueinander befinden, wird ein Schmierstoff eingesetzt um den Verschleiß zu minimieren. Wir nutzen dafür das speziell veredelte Polymer PTFE als Festschmierstoff in unseren Kunststoffen- und Schmierstoffadditiven. Im Gegensatz zu den bisher eingesetzten Werkstoffen erhöhen unsere Produkte die Lebensdauer von Bauteilsystemen wie Lager oder Antrieben deutlich und ermöglichen so neue Anwendungsbereiche. Dresden als Zentrum für Materialforschung ist dabei für uns ein idealer Standort zum Produzieren und um die Weiterentwicklung von Materialien zusammen mit Partnern voran zu treiben.
2. Wie und wann entstand die Idee dazu?
Die Grundlagenforschung zur Veredlung von PTFE für die Kopplung mit anderen Polymeren begann bereits 1997 am IPF und wurde mit verschiedenen Projekten unter der maßgeblichen Leitung von Dr. Dieter Lehmann ausgeführt. Mit der Technologie kam es bis heute zu einer Vielzahl an Patentanmeldungen. Das ForMaT-Projekt 2009 (Forschung am Markt im Team) brachte uns als Gründerteam zusammen und ermöglichte als Transferprojekt eine Umsetzung der Grundlagenforschung in die direkte Produktentwicklung in verschiedenste Richtungen. Durch die Zusammenarbeit mit dresden|exists kamen die ersten Ideen zu einer Firmengründung, der Name perfluorence wurde entwickelt und im Patent- und Markenamt angemeldet. Die erfolgreiche Teilnahme am IQ Innovationspreis Mitteldeutschland, dem futureSAX Businessplan Wettbewerb und dem Businessplanseminares der TU-Dresden bestärkten uns die Firmengründung voran zu treiben.
3. Wann habt Ihr die Entscheidung zur Gründung getroffen?
Die endgültige Entscheidung zur Firmengründung erfolgte für uns im weiterführenden Transferprojekt EXIST-Forschungstransfer Phase I. In dem Projekt führten wir die Produktentwicklungen zur Marktreife weiter und konnten Partner in der Industrie davon überzeugen unsere Kunststoffe- und Schmierstoffadditive zu testen. Auf verschiedenen Industriemessen und wissenschaftlichen Fachtagungen konnten wir außerdem die Marke perfluorence weiter etablieren. Mit der Unterstützung der Gesellschaft für Wissens- und Technologietransfer der TU-Dresden mbH konnten wir nebenberuflich das erste Produkt vertreiben und damit den kleinen Einstieg in den Markt realisieren. Die Firmengründung setzten wir dann mit der Beantragung von EXISTS-Forschungstransfer Phase II im Januar 2013 um.
4. Was waren die drei größten Herausforderungen auf dem Weg in die Selbstständigkeit und wie habt Ihr sie bewältigt?
Eine der größten Herausforderungen für uns war es und ist es immer noch, als junge Gründer eines kleinen Unternehmens das Vertrauen zu unseren Kunden aufzubauen und sie vom Benefit unserer Produkte zu überzeugen. Dies meistern wir mit Fachwissen, gezielten Vergleichen an etablierten Produkten und dem Mut auch mal auf dünnem Eis zu fahren. Eine andere Herausforderung war die Schere zwischen Wissenschaft und Markt zu überwinden, das betrifft die Arbeitsweise im Unternehmen sowie die Strukturierung des Unternehmens. Das hat uns nicht nur Zeit gekostet, auch einige Weiterbildungen waren notwendig.
5. Was macht Euch besonders stolz bzw. was waren Eure bisher größten Erfolge?
Wir sind stolz auf unsere erarbeitete Förderung, den EXIST Forschungstransfer, mit dem wir unser Unternehmen starten konnten und über die ersten Verkäufe unserer Produkte. Was uns besonders freut ist, dass wir Zeit hatten aus Fehlern zu lernen und damit viel Selbstvertrauen in uns und unsere Arbeitsweise gewinnen konnten.
6. Welche Bedeutung hatte für Euch der EXIST-Forschungstransfer?
Es hat uns die Möglichkeit und Sicherheit gegeben, die Gründung voranzutreiben. Über beide Phasen hinweg haben wir somit 2,5 Jahre Zeit perfluorence am Markt zu etablieren. Wir halten es für ein sehr wertvolles und nachhaltiges Projekt für den Technologietransfer von der Wissenschaft zum Markt vor allem für forschungsintensive Technologieprojekte. Der Input der Projektmitarbeiter zum Businessplan sowie die Verteidigung der Idee vor einer Jury haben uns immer gute Impulse für neue Ideen gebracht. Wir sind dankbar und stolz diese Unterstützung eingeworben und erhalten zu haben.
7. Gab es Tage, an denen Ihr nicht sicher wart, wie und ob es weitergehen soll? Wenn ja: wie habt Ihr diese Hürden bewältigt?
Wir sind von unserer Idee und den Produkten überzeugt, trotzdem gab es Momente in denen wir nicht wussten ob es weitergeht. Das waren vor allem Fragen in der Finanzierung. Als produzierendes Unternehmen benötigen wir personelle Ressourcen und Maschinen zur Herstellung der Hochleistungsprodukte in einer reproduzierbaren Qualität. Wir haben mit unserer Planung und den Marktrecherchen unsere Partner bisher überzeugt und werden dies weiterhin realisieren. Wenn eine Hürde auftaucht nehmen wir uns die Zeit sie zu analysieren und scheuen auch nicht davor um Hilfe zu fragen, wenn es nötig ist.
8. Welche Erfahrungen möchtet Ihr an andere weitergeben, die jetzt vor der Entscheidung zur Selbstständigkeit stehen?
Das wichtigste ist es dran zu bleiben, Durchhaltevermögen zu besitzen und von seiner Idee überzeugt zu sein. Stellt euch klare Regeln, Ziele und Meilensteine auf nach denen gearbeitet wird und reflektiert diese regelmäßig. Wenn man feststellt, dass die Idee zur Gründung doch nicht das richtige ist, sollte man auch den Mut haben aufzuhören. Weiterhin denken wir, dass der Ausgleich zur Arbeit auch eine wichtige Rolle spielt.
9. Was ist Eure Zukunftsvision bzw. was möchtet Ihr in den nächsten 5 Jahren erreichen?
In den nächsten fünf Jahren wollen wir zunächst unsere Produkte am Markt weiter etablieren und die Produktpalette durch die Entwicklung verbesserter tribologischer Werkstoffe wie spezielle Polymerfasern und Gleitlacksysteme vergrößern. Wir werden einen neuen Standort beziehen und wollen weitere Arbeitsplätze schaffen. Ein weiteres Thema wird für uns die Nachhaltigkeit im Wertstoffkreislauf sein, indem wir PTFE-Abfälle upcyceln und diese in einem Teil unserer Produkte verwenden. Dafür müssen wir zunächst eine Akzeptanz bei unseren Kunden aufbauen, die häufig Recyclingprodukte als minderwertig ansehen. Eine Vision ist außerdem, dass unserer Additive für Schmierstoffe in den Getrieben von Windkraftanlagen eingesetzt werden.
… oder immer aktuell bei Twitter unter @perfluorence_HQ