Die Complex Fiber Structures GmbH (CFS) vermarktet Forschungsergebnisse für den innovativen Leichtbau. Die von ihr entwickelte Software ermöglicht es über ein Stickverfahren beispielsweise Carbonbauteile für den Automobilbau herzustellen. Die im Juli 2013 gegründete Firma ist das mittlerweile fünfte Spin-Off des Leibniz-Instituts für Polymerforschung Dresden e. V. (IPF). Über den Weg dahin haben wir mit Dr. Lars Bittrich, einem der beiden Gründer, gesprochen:
1. Was ist der Inhalt Eurer Selbstständigkeit?
Mein Kollege Axel Spickenheuer und ich sind beide Mitarbeiter am IPF und arbeiten vorerst nebenberuflich für CFS. Am IPF beschäftigen wir uns mit der Preform-Herstellung mittels Tailored Fiber Placement (TFP)-Technologie. Diese ermöglicht es, über eine sticktechnische Ablage von Verstärkungsfäden Faser-Kunststoff-Verbundbauteile so herzustellen, dass sie deutlich steifer und leichter sind, als es mit etablierten Faserhalbzeugen, wie Geweben oder Gelegen, möglich ist. Wir entwickeln für die TFP-Technologie eine zugeschnittenen Computer Aided Manufacturing-Lösung, die die Entwicklungs- und Fertigungszeit für neue Bauteile extrem verkürzen kann. Dabei kümmere ich mich vorrangig um die Programmierung und mein Kollege Axel um die Administration und den Vertrieb.
2. Wie und wann entstand die Idee dazu?
Kurz nachdem ich am IPF angefangen hatte, stellte ich Anfang 2011 fest, dass die bestehenden Software-Produkte für den Bereich zu kompliziert sind. Wir entschlossen uns, eine neue und einfachere Software zu entwickeln, die wir bereits in der Entwicklungsphase auf verschiedenen Tagungen vorstellten und diskutierten. So wurde auch der Stickmaschinenhersteller Tajima auf uns aufmerksam, der zukünftig als Hauptabnehmer die Software weltweit vertreiben möchte. Durch unsere neuartige Prozesssoftware erwartet der Maschinenhersteller eine erhöhte Nachfrage nach seinen TFP-Legeautomaten.
3. Wann habt Ihr die Entscheidung zur Ausgründung getroffen?
Eine Kommerzialisierung der Software hatten wir bereits früh im Sinn. Allerdings konnten wir diese nicht direkt am IPF anbinden. Eine Ausgründung war dagegen möglich und wurde sowohl von Seiten des IPF als auch von dresden|exists stark unterstützt. Durch die regelmäßige individuelle Beratung und die Weiterbildung in Intensivseminaren konnten wir viel schneller gründen als in unserer ursprünglichen Zeitplanung gedacht.
4. Was waren die größten Herausforderungen auf dem Weg in die Selbstständigkeit?
Das betrifft vor allem den großen und ungeahnten Umfang der organisatorischen, vertraglichen und behördlichen Aufgaben. Angefangen beim Business Plan, bei dem uns dresden|exists sehr zur Seite stand, oder die Einrichtung eines Kontos, die Gespräche mit dem Notar und Anwälten bis hin zur Frage, welche Versicherungen wir wirklich brauchen – das waren alles Punkte, die ich anfangs gar nicht im Blick hatte und die viel Zeit beanspruchten.
5. Was macht Euch besonders stolz bzw. was war Euer bisher größter Erfolg?
Stolz sind wir vor allem auf unseren Kooperationsvertrag mit der Tajima GmbH, den wir in nächster Zeit unterschreiben werden. Denn an dem Vertrag hängt auch unsere erste Jahresbilanz. Über das erste Kundenfeedback zu unserer Beta-Version der Software habe ich mich sehr gefreut, weil es zeigt, dass unser Produkt für die Praxis sehr relevant ist. Sehr positiv finde ich auch, wie viel professioneller wir mit der Zeit und der Ausgründung geworden sind.
6. Welche Erfahrungen möchtet Ihr an andere weitergeben, die jetzt vor der Entscheidung zur Selbstständigkeit stehen?
Da kann ich vor allem ganz grundmenschliche Erfahrungen teilen: Auf sein Bauchgefühl zu achten, finde ich sehr wichtig. Außerdem braucht man ein gewisses Grundvertrauen in sein Unternehmen, dass es klappen wird. Ich war da anfangs viel kritischer, aber mein Kollege Axel war von Beginn an von unserer Idee und unserem Produkt überzeugt und hat stark an das Unternehmen geglaubt.
Ein wichtiger Tipp: Man braucht einen Steuerberater! Wir arbeiten sehr gut mit unserer Steuerberaterin Frau Bock von Treubilanz zusammen, die uns auch sehr viele Fragen in der Gründungszeit beantwortet hat.
7. Was ist Eure Zukunftsvision?
Neben einer effizienten Prozesssoftware fehlt seit Entwicklung der TFP-Technologie eine Möglichkeit, komplexe Faserverbundstrukturen auch simulieren zu können. Erst dann kann das Potenzial der Verbundwerkstoffe nahezu vollständig ausgeschöpft werden. Im wissenschaftlichen Umfeld wurden hierzu erste Ansätze entwickelt, die bereits aus der Industrie nachgefragt werden. Da die Komplexität einer entsprechenden Softwarelösung aber sehr groß ist, schätzen wir, dass bis zu einer Kommerzialisierung noch etwa ein bis zwei Jahre Entwicklungszeit notwendig sind.