Menschen scheitern. Gerade die Zahl missglückter Start-ups ist deutlich höher als die der erfolgreichen Gründungen. Aber wie definiert man eigentlich Erfolg?
Unsere gesellschaftliche Wahrnehmung zeichnet ein sehr negatives Bild des Scheiterns sowohl auf privater als auch unternehmerischer Ebene. Wer scheitert, der versagt in den Augen seiner Mitmenschen. Aus dieser kulturellen Prägung des Begriffs entsteht:
1. eine Angst vorm Scheitern, welche die unternehmerische Vision ersticken kann und
2. eine unzureichende Auseinandersetzung mit den Gründen des Misserfolgs.
Wer heute von Gründungen liest, erhält oft den Eindruck, dass der Weg zum Erfolg geradlinig und problemlos sei. Hinter der „rosaroten Brille“ des Erfolgs steckt jedoch ein Auf und Ab des Unternehmertums, das geprägt ist von falschen und richtigen Entscheidungen.
Im ersten Gründertreff dieses Jahres versuchten Prof. Dr. Ralph Sonntag (HTW Dresden) und Sebastian Friedrich (dresden|exists) – selbst zwei gescheiterte Gründer – mögliche Ursachen aufzudecken und aus diesen Schlüsse zu ziehen.
Dabei konnten die Hauptgründe ihres Scheiterns schnell entschlüsselt werden:
- Liquidationsengpässe
- Bequemlichkeit
- Teamkonflikte
- Strategische Fehler
- Unzureichendes Hinterfragen der eigenen Idee
An dieser Stelle wäre es zu trivial, es bei der Benennung der Gründe zu belassen. Zum richtigen Umgang mit dem Scheitern gehört neben der Identifikation der Gründe nämlich auch und vor allem die Auseinandersetzung mit diesen, um einen persönlichen Fortschritt im Scheitern zu finden.
Liquidationsengpässe
Da es schwer ist, die Entwicklung der Unternehmung von Beginn an richtig einzuschätzen, geraten viele Jungunternehmer in Liquidationsprobleme, wenn die Plan- und Ist-Daten voneinander abweichen. Laut Prof. Sonntag ist die Finanzierung bei vielen Gründungsvorhaben ein neuralgischer Punkt. Daher sei es nie zu früh, sich über eine ausreichende Kapitaldecke Gedanken zu machen. Da viele Business-Angels erst zur Investition bereit sind, wenn erste Umsätze eingefahren wurden, lohnt sich ein Blick auf die Fördermöglichkeiten der Länder und des Bundes.
Bequemlichkeit
Aber auch eine „zu nette“ Finanzierung kann Gefahren in sich tragen. Prof. Sonntag wies in diesem Zusammenhang auf ein Problem hin, welches besonders Gründer in Teilzeit betrifft: Mit der Sicherheit des eigenen Einkommens bzw. eines hohen Eigenkapitals geht in einigen Fällen der Verlust des Ansporns einher. Außerdem ist so eine fehlende Rendite zu Beginn noch abfederbar. Sieht man darin jedoch keinen Grund zur Veränderung, ist das dauerhafte Überleben am Markt gefährdet.
Teamkonflikte
Gerade ein Gründungsteam lebt von der vielseitigen Kompetenz seiner Mitglieder. Gleichwohl liegt darin aber auch eine Konfliktquelle zwischenmenschlichen Verhaltens. Da es sich bei der Entstehung von Teamkonflikten zumeist um einen schleichenden destruktiven Prozess handelt, sollten von Beginn klare Umgangsregeln geschaffen werden, um somit „im Guten“ potenziellen Konflikten vorzubeugen.
Hierbei ist auch vor einer fachlichen Einschätzung der Kompetenzen nicht halt zu machen. Besonders bei Unternehmungen, die auf einer freundschaftlichen Basis beruhen, ist die Gefahr groß, in den Widerspruch von Kompetenz und Freundschaft zu geraten. „Eine Unternehmung verhält sich in erster Linie als Aufgabenverteiler.“ Mit dieser objektiven Sichtweise ist es laut Prof. Dr. Sonntag leichter zu erkennen, ab welchem Punkt eine Person ungeeignet oder sogar hinderlich wird. Und wieso nicht einfach den umgekehrten Weg gehen? Aus Experten können schließlich ebenso Freunde werden.
Strategische Fehler
In vielen Ratgebern ist zu lesen: „Just Do It“, was aber, wenn der Markt noch nicht reif ist? Der Mut zur Entscheidung ist eine der elementarsten Eigenschaften eines Entrepreneurs. Dazu gehören auch der Mut und die Weitsicht zu einem späteren Zeitpunkt in den Markt zu treten. Innovationen benötigen meist mehr Zeit als angenommen und zweistellige Wachstumszahlen sind in ihrer Deutung oft nur reine Spekulation. Wer hätte bspw. Anfang 2001 ein Touchscreen für erforderlich gehalten? Die Frage, ob mein Produkt/Dienstleistung überhaupt ein dringendes Bedürfnis der aktuellen Zeit löst, ist damit ein wichtiger Baustein meiner Selbsteinschätzung und nützlicher Widerspruch zur eigenen Vision.
Unzureichendes Hinterfragen der eigenen Idee
Gründer erklären sich und ihr Konzept tagtäglich und treffen dabei häufig auf Zweifel und Kritik. Darin sollten sie eine Chance sehen, Erklärungen und Fragen einzufordern und sich selbst voranzubringen. In der heranwachsenden Unternehmung kann bspw. ein erfahrener Aufsichtsrat diese Rolle eines Sparring-Partners übernehmen.
Das Scheitern bleibt am Ende nur schwer zu erklären. Daher wäre es zu simpel zu behaupten, dass mit diesem Text alle potenziellen Probleme hinterleuchtet wurden. Ein Fazit kann nach Prof. Dr. Sonntag trotzdem gezogen werden: „Wenn man scheitert, ist nur eine Person schuld – das sind sie selbst!“ Denn wer außer der eigenen Person steckt hinter den genannten Ursachen?!