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Grün­der­por­trait #21: Was hab’ ich? – Medi­zin­stu­denten über­setzen Medizinerlatein!

Was hab ich? – eine ein­fache Frage, auf die nicht unbe­dingt eine ein­fache Antwort gegeben wird. Gerade Ärzte haben schwierige Fach­be­griffe. Medi­zi­nische Befunde sind für Pati­enten oft unver­ständlich. Zwei Medi­zin­stu­denten der TU Dresden, Anja Kersten und Johannes Bittner, grün­deten aus diesem Grund zusammen mit Diplom-Infor­ma­tiker Ansgar Jonietz den kos­ten­losen Über­set­zungs­service “Was hab’ ich?”. Welche Idee sich dahinter ver­birgt und wie die Idee zum Unter­nehmen gereift ist, erfahrt Ihr im Interview mit dem Gründerteam.

Und noch ein Tipp vorab: Wer das Team live erleben möchte. Am 14. Juni 2012 prä­sen­tieren sich “Was hab’ ich?” auf unserem 38. Grün­der­foyer

Das "Was hab' ich?"-Gründerteam: Anja Kersten, Johannes Bittner, Ansgar Jonietz (Foto: Amac Garbe / ein-satz-zentrale.de)
Das “Was hab’ ich?”-Gründerteam: Anja Kersten, Johannes Bittner, Ansgar Jonietz (Foto: Amac Garbe / ein-satz-zentrale.de)

1. Was ist Inhalt Eurer Selbstständigkeit?
Die im Januar 2012 gegründete „Was hab’ ich?“ gemein­nützige GmbH betreibt eine Gesund­heits­plattform. Hier können Pati­enten ihre ärzt­lichen Befunde von Medi­zin­stu­denten in eine für Laien leicht ver­ständ­liche Sprache „über­setzen“ lassen. Von dieser Initiative pro­fi­tieren beide Seiten: Pati­enten erhalten eine fun­dierte und ver­läss­liche Gesund­heits­in­for­mation, auf deren Grundlage sie im Arzt­ge­spräch gezielte Fragen stellen können; Medi­zin­stu­denten erlernen viel neues Fach­wissen und vor allem die Kom­petenz, ver­ständlich mit Pati­enten zu kommunizieren.

2. Wie und wann kam die Idee dazu?
Am 11. Januar 2011 haben wir das erste Mal gemeinsam über das Thema gesprochen. Als Medi­zin­student erlebt man es häu­figer, dass Freunde und Ver­wandte nach einer Über­setzung des Medi­ziner-Kau­der­welschs fragen. Wir wollten her­aus­finden, ob hier ein grund­sätz­liches gesell­schaft­liches Problem besteht und haben uns an die Ent­wicklung der Website begeben. Vier Tage später ging der Pro­totyp online – und funk­tio­nierte: bereits wenige Minuten nach Release erreichten uns die ersten Anfragen.

3. Wann habt Ihr die Ent­scheidung zur Gründung getroffen?
Schnell wurde uns bewusst, dass wir die Sache ernst nehmen wollen. Dafür brauchte es jedoch zunächst eine ska­lierbare Infra­struktur, um das täglich wach­sende – inzwi­schen mehr als 550 Medi­ziner umfas­sende – ehren­amt­liche Hel­ferteam koor­di­nieren zu können. Hier war es von großem Vorteil, das Projekt zunächst in Obhut der Netz­ma­nu­faktur GmbH – des Unter­nehmens unseres Mit­gründers Ansgar Jonietz – geben zu können, die „Was hab’ ich?“ im ersten Jahr inku­bierte. Als dann im Dezember zeit­liche Res­sourcen zur Ver­fügung standen, wid­meten wir uns der Gründung.

4. Was waren die drei größten Her­aus­for­de­rungen auf dem Weg in die Selbst­stän­digkeit und wie habt Ihr sie bewältigt?

  • a) Exper­ten­hilfe für gemein­nützige Insti­tu­tionen: Mit der Ent­scheidung für eine gemein­nützige GmbH haben wir bewusst Neuland betreten. Hier war es zunächst anspruchsvoll, pas­sende und erfahrene Unter­stützer zu finden. Das betraf zum Bei­spiel die Suche nach einer pas­senden Bank und einem geeig­neten Steuerberater.
  • b) Res­sourcen schaffen: Gründen kostet Zeit. Diese mussten wir an anderen Stellen abzweigen, ohne uns selbst zu sehr vom eigent­lichen Kern unseres Geschäfts abzu­lenken. Wären wir noch einmal davor, würden wir sicherlich mehr Kapa­zi­täten für den eigent­lichen Grün­dungs­prozess einkalkulieren.
  • c) Richtig ver­netzen: Im Laufe der Gründung haben wir ver­sucht, unser Netzwerk weiter aus­zu­bauen. Dabei muss man sehr genau über­legen, welche Partner zum eigenen Unter­nehmen passen und wo es Schnitt­mengen in der Ziel­setzung gibt. Hier haben wir gelernt, Fin­ger­spit­zen­gefühl zu zeigen.

5. Was macht Euch besonders stolz bzw. was sind Eure bis­he­rigen Erfolge?
Zum einen sind wir sehr froh, von Beginn an eine enorme Medi­en­präsenz gehabt zu haben – bis heute ist das Thema spannend für die regionale und über­re­gionale Bericht­erstattung. Das hat uns natürlich sehr geholfen, schnell eine große Öffent­lichkeit zu erreichen. Stolz sind wir natürlich auf die zahl­reichen Aus­zeich­nungen für „Was hab’ ich?“: der Bun­dessieg beim Wett­bewerb GENERATION‑D, die Aus­zeichnung zum „Aus­ge­wählten Ort 2012“ beim Wett­bewerb Land der Ideen, die „Goldene Bild der Frau“ für unsere Mit­grün­derin Anja Kersten und nicht zuletzt der Start­social-Bun­des­preis, den wir im April von der Bun­des­kanz­lerin über­reicht bekommen haben.

6. Gab es Tage, an denen Ihr nicht sicher wart, wie und ob es wei­ter­gehen soll? Wenn ja: wie habt ihr diese Hürden bewältigt?
Diese Tage gab es zum Glück bisher nicht – wir haben noch viele span­nende Ideen in unseren Köpfen und noch viele uner­reichte Ziele vor uns. Da bleibt keine Zeit zum Zögern…

7. Welche Erfah­rungen möchtet Ihr an andere wei­ter­geben, die jetzt vor der Ent­scheidung zur Selbst­stän­digkeit stehen?
Wir haben von Anfang an eine Stra­tegie ver­folgt: machen. Zeit­auf­wändige Ana­lysen und Recherchen haben wir uns gespart, statt­dessen haben wir uns von unserer Vision leiten lassen. Dieses Konzept ist für unsere Idee wahr­scheinlich Ideal und der Schlüssel zum Erfolg gewesen. Natürlich darf man den Zeit­punkt nicht ver­passen, an dem man „Ordnung“ an die ein oder andere Stelle bringen muss.

8. Was ist Eure Zukunfts­vision bzw. was möchtet Ihr in den nächsten 5 Jahren erreichen?
Für die Pati­enten, die ihren ärzt­lichen Befund nicht ver­stehen, soll es zur Selbst­ver­ständ­lichkeit werden, Hilfe von „Was hab’ ich?“ in Anspruch zu nehmen. Hierfür müssen zwei Dinge gewähr­leistet sein: eine trag­fähige Finan­zierung der gGmbH und eine Ska­lierung der Über­set­zungs­ka­pa­zi­täten, um der Nach­frage gerecht zu werden.

Liebes “Was hab’ ich”-Team, auf diesem Weg wün­schen wir Euch viel und noch viel mehr Erfolg.

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