Kathrin Höntsch schaffte den Sprung in die eigene Selbstständigkeit auf eine andere Art: Sie übernahm das Ingenieurbüro ihres Vaters.
Eine Unternehmensnachfolge ist eine interessante Alternative zur Neugründung, die besondere Herausforderungen mit sich bringt.
1. Welches Unternehmen haben Sie übernommen?
Ich habe das Ingenieurbüro meines Vaters mit 8 Mitarbeitern übernommen. Wir beschäftigen uns hauptsächlich mit der Bauvermessung, haben uns jedoch mit der Pflege von Geoinformationssystemen für Kommunen und Versorgern ein zweites Standbein geschaffen. Wir – das war bisher die gesamte Familie: meine Eltern, meine Schwester und ich. Mit der Übernahme verlassen mein Vater und meine Mutter die Firma.
2. Wann haben Sie sich für die Übernahme entschieden?
Vor 5 Jahren fiel die Entscheidung für die Weiterführung des Familienunternehmens. Um die erforderliche Qualifikation für die Führung eines Ingenieurbüros zu erreichen, begann ich mit ein Fernstudium zum Wirtschaftsingenieur. Zweifel – ob das der richtige Weg für mich ist – hatte ich bis zu letzt.
3. Was waren die größten Herausforderungen während der Übernahme und wie haben Sie diese bewältigt?
Die Übernahme fand zum 01.03.2011 statt. Noch im Januar hatte ich die letzten Prüfungen meines Studiums zu bestehen. Den Druck, alle Studienleistungen erfolgreich abzuschließen empfand ich als sehr hoch. Dazu kommt die Tatsache, dass das Ingenieurbüro seit der Gründung vor 20 Jahren durch meinen Vater geführt wurde. Er hatte die Kontakte zu den wichtigen Kunden. Diese zu übernehmen und darauf aufzubauen ist die Basis für das Weiterführen des Unternehmens. Doch nicht nur der Umgang mit den Kunden ist neu, auch die neue Rolle als Führungskraft stellt für mich eine Herausforderung dar. Von der Kollegin zur Chefin zu werden ist eine Umstellung, mit der ich mittlerweile gelernt habe umzugehen.
4. Was macht Sie besonders stolz bzw. was sind Ihre bisherigen Erfolge?
Seit April führe ich das Ingenieurbüro. Die Kontakte zu Kunden wurden persönlich übergeben. Das erste Vierteljahr liegt hinter mir und das Geschäft ist gut angelaufen und unsere Kunden akzeptierten den Wechsel. Auch von meinen Mitarbeitern wurde der Rollenwechsel akzeptiert. Bei Fragen und Probleme bin ich ihr neuer Ansprechpartner.
5. Gab es Tage, an denen Sie sich nicht sicher waren, wie und ob es weitergehen soll? Wenn ja: wie haben Sie diese Hürden bewältigt?
Es gab schon Tage, es gab schon Tage an denen ich nicht wusste wie es weitergehen soll: beispielsweise an Tagen an den Zuschläge an weitaus billigere Konkurrenten gehen. Neuen Mut schöpfe ich, indem ich mir vor Augen führe, was ich schon erreicht habe. Obwohl das nicht immer einfach ist. Unsern Erfolg erreichen wir, indem wir uns auf bestehende Geschäftsverbindungen stützen und diese weiter ausbauen.
6. Welche Erfahrungen möchten Sie an andere weitergeben, die jetzt vor der Entscheidung stehen, eine Unternehmensnachfolge anzutreten?
Viel reden, jedoch nicht jedes kleine, unbedeutende Problem ausdiskutieren- vieles regelt sich im Laufe der Zeit. Bei einer erneuten Unternehmensnachfolge würde ich mir selber mehr Zeit lassen die Organisation und Rechtsform besser zu planen. Durch mein Studium habe ich mich bei vielen Entscheidungen von anderen leiten lassen um Ärger aus dem Weg zu gehen und die Aussage: „Das kannst du dann ändern.“ ist so nicht ganz richtig. Eine Umschreibung ist mit sehr, sehr viel Papier verbunden und man ändert nicht kurz nach einer Nachfolge nochmal die Rechtsform. Also lieber gleich richtig und nichts Halbes.
7. Was ist Ihre Zukunftsvision bzw. was möchten Sie in den nächsten 5 Jahren erreichen?
- Ich möchte das Unternehmen weiterführen, Kundenkontakte ausbauen und mich auf dem Geoinformationsmarkt mehr etablieren.
- Die Familie und die Arbeit gut vereinen und natürlich für mich ein regelmäßiges Einkommen sichern.
Wer kein Unternehmen in der Familie hat, welches er übernehmen kann und will, und sich für das Thema Unternehmensnachfolge interessiert, laden wir zu unserem nächsten FOLGERICHTIG-Treffen ein. Das Nachfolgenetzwerk der Region Dresden hat am 22. November 2011 Steffen Söll eingeladen. Er hat ein mittelständiges Unternehmen gekauft und so seine Vorstellung von der eigenen Selbstständigkeit umgesetzt. Was für ihn die wichtigsten Schritte waren und was es zu beachten gilt, gibt er gern an Interessierte weiter.