Veröffentlicht am

Scheinselbstständigkeit – Was muss ich als Gründer beachten?

Auf dem Weg in die eigene Selbstständigkeit kommt man an dem Thema Scheinselbstständigkeit nicht vorbei. Ein weiterer Begriff – die arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit – ist damit verbunden. Für Dich als Gründer ist es wichtig, im Vorfeld den Status Deiner Selbstständigkeit zu prüfen. Wir haben für Dich das Wichtigste zusammengetragen:

1. Was versteht man unter Scheinselbstständigkeit?

Scheinselbstständigkeit liegt vor, wenn Du trotz dem formalen Vorhandensein einer Gewerbeanmeldung oder einer angemeldeten Freiberuflichkeit nicht selbstständig agierst. In der Vergangenheit gabe es Arbeitgeber, die ihre Arbeitnehmer entlassen haben und im Nachgang die ehemaligen Angestellten als „Freiberufler“ weiter beschäftigten – eine klassische Scheinselbstständigkeit.

Heute wird Dein Status geprüft, um einzuschätzen, ob Du abhängig beschäftigt bist und somit die Rechte bzw. der Schutz des Arbeitnehmers für Dich zutrifft. Das sind u.a.:

  • Kündigungsschutz
  • Urlaubsanspruch
  • Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
  • Überstundenvergütungen
  • Tariflohnzahlung…

2. Wie wird entschieden, ob ich scheinselbstständig bin?

Um das „Schupfloch“  Scheinsellbstständigkeit zu schließen, wird in einer Statusfeststellungen die Tätigkeitsart geprüft. Zur Beurteilung gab es bisher den § 7 Abs. 4 SGB IV, in dem Merkmale für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung benannt wurden. Waren mindestens drei der fünf benannten Kriterien erfüllt, so wurde eine abhängige Beschäftigung trotz vorliegendem Gewerbeschein vermutet. Der Paragraph wurde gestrichen. Heute beurteilen u.a. Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung den Status des Selbstständigen. Ihre Bewertung basiert auf Hinweisen für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Indizien dafür sind u.a.:

  • Du hast auf Dauer nur einen Auftraggeber.
  • Für Deine Arbeit nutzt Du Maschinen/Geräte/Software Deines Auftraggebers.
  • Du nutzt ein Büro beim Auftraggeber bzw. hast keine eigenen Geschäftsräume.
  • Der Auftraggeber hat Dir eine eigene Telefonnummer zugeteilt, unter der Du bei ihm erreichbar bist.
  • Für Dritte ist nicht ohne weiteres erkennbar, dass Du kein Angestellter bist.
  • Du hast feste Anwesenheitszeiten einzuhalten.
  • Bei Dientberatungen musst Du anwesend sein.
  • Der Auftraggeber berücksichtigt Dich bei der Anwesenheits-/bzw. Personalplanung.
  • Es ist in der Firma ein Arbeitnehmer beschäftigt, der über ein ähnliches Aufgabenspektrum verfügt.
  • Mit dem Auftraggeber hast Du ein festes Monatsentgelt vereinbart.
  • Du trägst kein unternehmerisches Risiko.
  • Die Kundenakquise übernimmt Dein Auftraggeber – Du arbeitest die Aufträge entsprechend ab.

Anhand solcher Merkmale wird die Auftragsbeziehung geprüft. Dabei ist immer die Gesamtsituation zu bewerten. Das Vorhandensein einzelner Indizien reicht nicht aus. So ist bspw. bei einer projektbezogenen Zusammenarbeit mit nur einem Auftraggeber nicht von Scheinselbstständigkeit auszugehen, wenn diese maximal ein Jahr andauert. Deutliche Hinweise auf eine unabhängige Beschäftigung sind vorhanden, wenn Du:

  • auf eigenes Risiko Aufträge übernimmst.
  • mehrere Auftraggeber hast.
  • eigene Kundeakquise betreibst.
  • für Deine Leistungen wirbst.
  • auf eigene Rechnung Ein-/und Verkäufe tätigst.

3. Welche Auswirkungen hat eine Scheinselbstständigkeit?

Wird eine Scheinselbstständigkeit festgestellt, so bist Du formal als Arbeitnehmer anzusehen. Zwei Bereiche sind davon betroffen:

a) Steuerrechtliche Belange: Du bist lohnsteuerpflichtig, d.h. Du beziehst Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Darüber hinaus wirkt die Statusänderung auf die Umsatzsteuerpflicht. Du kannst bspw. keinen Vorsteuerabzug geltend machen. Aus bisherigen Steuererklärungen kann sich ein Nachzahlungsanspruch ergeben. Das Finanzamt folgt jedoch nicht zwangsläufig der Statusänderung der Deutschen Rentenversicherung, sondern kann zu einem abweichenden Ergebnis kommen. Es ist daher ratsam, einen Steuerberater um Unterstützung bitten.

b) Arbeitsrechtliche Belange: Fortan gilst Du als Arbeitnehmer. Dein Gewerbe ist abzumelden. Du bist sozialversicherungspflichtig. Alle übrigen Arbeitnehmerrechte gelten für das Beschäftigungsverhältnis (Kündigungsschutz, Urlaubsanspruch, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall etc.). Dein Auftraggeber ist verpflichtet, die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge nachzuzahlen.

4. Gibt es nur die beiden Varianten: Scheinselbstständigkeit oder Arbeitnehmer?

Nein. Es besteht auch die Möglichkeit, als arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger eingestuft zu werden. In diesem Fall gilt Deine Gewerbeanmeldung bzw. Dein Freiberuflerstatus.

5. Was ist ein arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger?

Als arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger bist Du rentenversicherungspflichtig. Die Arbeitnehmerähnlichkeit kann an zwei Punkten überprüft werden:

  • Du beschäftigst keinen Arbeitnehmer bzw. das Arbeitsentgelt Deines Angestellten liegt unter 400 Euro.
  • und Du arbeitest nur für einen Auftraggeber. Als Faustformel gilt hier: 5/6 Deines Umsatzes erwirtschaftest Du auf Dauer mit einem Auftraggeber.

Den Rentenversicherungsbeitrag musst Du in diesem Fall allein aufbringen.

6. Was muss ich als Gründer beachten?

Wichtig ist, dass Du Dich innerhalb von drei Monaten nach Deiner Gründung bei der Deutschen Rentenversicherung meldest. Bist Du Dir in Bezug auf Deinen Status nicht sicher, kannst Du innerhalb von einem Monat nach Gründung einen Antrag auf Statusprüfung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Clearingstelle) stellen.

7. Gibt es Möglichkeiten, sich von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen?

Nach Deiner Gründung hast Du drei Monate Zeit, um einen Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht zu stellen. Existenzgründern wird dann für drei Jahre die Beitragszahlung erlassen. Es existieren weitere Befreiungsmöglichkeiten.

Generell gilt: die Versicherungspflicht gilt auch rückwirkend. Eine Vernachlässigung dieser Problematik kann also u.U. zu hohen Nachforderungen führen. Der Statusfeststellung kannst Du zwar widersprechen. Jedoch sind entsprechende Verfahren oft langwierig und bei rechtzeitiger Beratung unnötig. Auskunft und Beratung – insbesondere auch zu Besonderheiten wie bspw. dem Handelsvertreter – erhälst Du bei den den Mitarbeitern der Deutschen Rentenversicherung.

↑ Nach oben